"Wer die Beziehung überlebt, hat trotzdem kein Leben mehr"
n-tv
Isolieren, erniedrigen, prügeln - das erleben auch hierzulande Frauen jeden Tag. Die hohen Zahlen sind längst bekannt - schon vor Jahren hat sich Deutschland verpflichtet, dagegen anzugehen. Die Ampel-Koalition verspricht ein besseres Hilfesystem. Doch bei der Umsetzung hakt es gewaltig.
Alles beginnt rosarot. Als Miriam ihren Partner kennenlernt, ist dieser charmant und fürsorglich. In den ersten Monaten ihrer Beziehung fühlt es sich nach der großen Liebe an. Nur bei ihren Freunden und auch bei ihrer Familie, da fühle er sich, so sagt er, nicht wohl. Ihm zuliebe fährt auch Miriam immer seltener zu ihrer besten Freundin, besucht ihre Mutter kaum noch. Dafür macht sie nun täglich Sport, denn sie sei, so sagt er, "fett" geworden. Irgendwann kommt die erste Tochter zur Welt, dann die zweite. Er flippt nun immer öfter aus: wegen des zu heißen Essens, des Kindergeschreis oder ihres zu kurzen Rocks. Recht machen kann sie es ihm jetzt nicht mehr. Einmal, mitten in seinem Gebrüll, schießt Miriam ein Gedanke in den Kopf: Trennung. Aber wo soll sie denn hin, ohne ausreichend eigenes Geld und mit zwei Kleinkindern? Also bleibt sie. Möglicherweise wird er ja ruhiger, wenn sie sich ändert. Sie versucht es. Immer wieder. Dann schlägt er das erste Mal zu.
Wann genau die psychische Gewalt ihres Partners losging, wann die rosarote Beziehung vorbei war und schließlich zu einem blutroten Albtraum wurde, kann Miriam heute nicht mehr sagen. Sie hat es nicht wahrgenommen. Und ein Korrektiv von außen, eine helfende beste Freundin oder eingreifende Mutter, gab es nicht mehr.
Miriams Geschichte ist fiktiv - und dennoch alltäglich. Sie basiert auf Erfahrungen der Familienrechtlerin und Buchautorin Asha Hedayati. Als Anwältin hat sie zahlreiche Frauen begleitet, denen von ihrem Partner oder Ex-Partner Gewalt angetan wurde. Ein großer Teil dieser Beziehungen hat Parallelen, wie die Juristin im Gespräch mit ntv.de erzählt: die Isolation und Beleidigungen durch den Partner, die eigenen Schuldzuweisungen, die Abhängigkeit, die Gewaltspirale. Deutschland hat sich international zum Kampf gegen Gewalt gegen Frauen verpflichtet. Zudem hat sich die Regierung im Koalitionsvertrag versprochen, das Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen und Kinder auszubauen. Doch bei der Umsetzung dieser Versprechungen hakt es.