"Die Russen konsumieren, als wäre es ihr letzter Tag auf Erden"
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Die westlichen Sanktionen schaden Russlands Wirtschaft. Dennoch erlebe die einen Aufschwung, sagt Alexandra Prokopenko. Sie ist sich sicher, dass der Boom nur von kurzer Dauer sein wird. Prokopenko war bis April 2022 als Beraterin der russischen Zentralbank tätig. Sie kündigte aus Protest gegen Russlands Überfall der Ukraine.
ntv.de: Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich auf ein neues, nunmehr 14. Sanktionspaket geeinigt. Es sieht unter anderem Sanktionen gegen den Umschlag von russischem Flüssiggas in der EU vor. Welchen Schaden haben die EU-Sanktionen für die russische Wirtschaft insgesamt angerichtet?
Alexandra Prokopenko: Die Situation ist paradox. Einerseits behindern die Sanktionen eindeutig die wirtschaftliche Entwicklung Russlands. Andererseits schützen sie den russischen Markt vor bestimmten externen Schocks, da der Kreml nun in die heimische Wirtschaft investiert. Nie zuvor wurde ein so großes Land in einer Phase intensiver Globalisierung so stark sanktioniert wie Russland. Jetzt lernen sowohl die westlichen Länder als auch Russland aus dieser Situation. Russland lernt, wie man Sanktionen vermeidet und wie man mit den Embargos leben kann. Die EU und die USA lernen, wie man Sanktionen verhängt und vor allem, wie man sie durchsetzt. Das 14. Sanktionspaket ist für sich genommen keine Wunderwaffe. Aber es zieht die Schlinge zweifellos enger, vor allem im Hinblick auf das Gasunternehmen Novatek, den einzigen Lieferanten von russischem Flüssiggas. Das Unternehmen muss jetzt über neue Transportrouten für sein LNG nachdenken und das gesamte Geschäftsmodell überdenken.
Es stellt sich heraus, dass Russland, insbesondere das Finanzsystem, hervorragend auf die Sanktionen vorbereitet war. Hat Moskau mit den Sanktionen gerechnet?
Wie geht es für die Tausenden Beschäftigten bei VW weiter? Der Konzern plant, die Bezüge in der Krise zu kürzen. Die Arbeitnehmer kontern mit einem eigenen Zukunftskonzept. Noch gibt sich der Autobauer bedeckt, zum Start der dritten Tarifrunde mobilisiert die IG Metall zu einer großen Demonstration in Wolfsburg.