Besinnliche Weihnachtslieder erleben Revival
n-tv
Um das besinnliche Weihnachtsgedicht war es schon 1978 nicht mehr ganz so gut bestellt: "Zicke zacke Hühnerkacke", sagt Dickie in Loriots Sketch-Klassiker "Weihnachten bei Hoppenstedts". Wie steht es 45 Jahre später um besinnliches Liedgut zur Weihnachtszeit?
Haben "Stille Nacht" und "O du fröhliche" eine Zukunft? Oder verlieren christliche Advents- und Weihnachtslieder in Deutschland an Bedeutung, wenn immer mehr Menschen aus der Kirche austreten oder nie zu ihr gehörten? Aus Kulturwissenschaft und Theologie kommen überraschende Antworten. Danach erleben besinnliche Weihnachtslieder gerade ein Revival. Mögliche Gründe: Kriege, Krisen und eine Sehnsuchtslücke in Sachen Spiritualität und Sentimentalität.
"Wir haben schon vor 20 Jahren Umfragen auf Weihnachtsmärkten gemacht, direkt neben der Kirche", sagt Gunther Hirschfelder, Kulturwissenschaftler an der Universität Regensburg. "Doch wenn wir die Frage stellten, welche Rolle die Geburt Christi im eigenen Leben spielt - da haben die Leute gedacht, das sei eine Scherzfrage." Als Forscher beobachtet Hirschfelder heute eine fast schon paradoxe Situation: Auf der einen Seite ein permanentes Herauslösen christlicher Sinngehalte, Bekenntnisse und Symbole aus dem Alltag, manchmal gepaart mit fast schon fanatischem Kirchenhass. Und auf der anderen Seite eine tiefe Sehnsucht nach Spirituellem. In dieser Gemengelage sieht er Weihnachtslieder als eine Art Exit-Strategie.
"Im Alltag trauen wir uns kaum, sentimental zu sein. Das Sprechen über Glaube und Gott ist im Mainstream ziemlich out. Das würden wir auch nicht posten", sagt Hirschfelder. Doch Weihnachtslieder? Kein Problem. Sie sind nicht nur auf Weihnachtsmärkten zu hören. Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2021 singt sie jeder Vierte zu Hause. Voll im Trend liegt auch das gemeinsame weihnachtliche Singen im Fußballstadion oder vor Rathäusern. "Hier dürfen wir rausschmettern, wonach wir uns sehnen", sagt Hirschfelder. "Diese Revival-Schiene ist erstaunlich offen gegenüber christlichem Liedgut. Das ist kein reines Tannenbaum-Gedöns. Das hat auch was Spirituelles."