"Aus Anfeuern wird schnell Rassismus"
n-tv
Zur Fußball-EM werden wieder schwarz-rot-goldene Fähnchen geschwenkt. Ist Feiern mit nationalen Symbolen noch angebracht angesichts des aufkeimenden Nationalismus? Die Grenzen zwischen Party und Rassismus sind fließend, sagt der Sportsoziologe Michael Mutz.
ntv.de: In ein paar Tagen werden sich wieder Hunderttausende Menschen schwarz-rot-goldene Farben ins Gesicht malen und gemeinsam Fußballspiele bejubeln. Wie lässt sich dieses Phänomen erklären?
Michael Mutz: Wir kennen die Fanfeste und Public-Viewing-Events seit der Heim-WM 2006, dem "Sommermärchen". Die Faszination daran scheint mir vor allem darin zu liegen, dass man in der Gemeinschaft die Spiele emotionaler miterleben kann, fast wie im Stadion. Wir wissen, dass in solch großen Gruppen emotionale Ansteckungsprozesse passieren können: Man sieht die Emotionen bei den anderen, die Freude, die Spannung, vielleicht auch die Trauer. Und das überträgt sich auf einen selbst. So entsteht im Kollektiv ein sehr außergewöhnlicher, außeralltäglicher Zustand, den man alleine vor dem Fernseher so nicht erleben kann.
Während einer EM oder WM fiebern selbst sonst Fußball-fremde Menschen mit einer Mannschaft, deren Spieler zufällig die gleiche Nationalität haben. Ist das für die Bildung eines Gemeinschaftsgefühls nicht sehr beliebig?