"Daddio" - ein Seelenstriptease auf der Rückbank
n-tv
Eine junge Frau steigt in New York in ein Taxi und wird von dem älteren Fahrer immer tiefer in ein Gespräch verwickelt. Was als Bühnenstück sehr vielversprechend wäre, enttäuscht als Kammerspielfilm "Daddio - Eine Nacht in New York" in der Realität.
Zumindest auf dem Papier klingt "Daddio - Eine Nacht in New York" vielversprechend: eine Begegnung zwischen einem älteren New Yorker Taxifahrer und einer hübschen, jungen Frau, die im Verlauf einer nächtlichen Fahrt auf engstem Raum ihre Geschichten und Gedanken teilen. Als Bühnenstück, als welches das Drehbuch ursprünglich konzipiert war, hätte die Prämisse samt der minimalistischen Inszenierung sicherlich eine packende und in gewisser Weise klaustrophobische Atmosphäre erzeugen können. Als Kammerspielfilm, mit dem Autorin Christy Hall ihr Regiedebüt feiert, enttäuscht er jedoch auf mehreren Ebenen.
Der Film beginnt wie ein Albtraum für alle, die im Taxi gerne schweigend zu ihrem Zielort gefahren werden wollen. Es ist Nacht, Girlie (Dakota Johnson) steigt nach ihrer Landung am New Yorker Flughafen JFK in ein gelbes Auto ein und will einfach nur nach Hause. Doch ihr Taxifahrer Clark (Sean Penn) versucht, seine letzte Kundin des Abends ab der ersten Minute in ein Gespräch zu verwickeln, indem er zunächst über mageres Trinkgeld, über Gott und die Welt schimpft und sie schließlich mit teils übergriffigen Fragen bombardiert. Dass Girlie nur einsilbig antwortet, scheint ihn nicht weiter zu stören.
Erst als sie in einen Stau geraten, beginnt Girlie sich allmählich zu öffnen. Es stellt sich heraus, dass die Person, mit der sie zwischendurch schreibt, ihre Affäre ist - ein deutlich älterer und verheirateter Familienvater, den sie "Daddy" nennt. Vergeblich wartet sie bei ihrem SMS-Geplänkel auf ein "Ich dich auch" auf ihr "böses L-Wort", das ihr vor wenigen Tagen herausgerutscht war. Zu ihrer Enttäuschung erhält sie stattdessen nur ein gestochen scharfes Dickpic und drängende Bitten um Nacktbilder und Sextalk, damit er zum Höhepunkt kommen kann. Clark versucht Girlie klarzumachen, dass ihr Liebhaber keinen Ersatz für seine Ehefrau sucht, sondern sie nur als Spielzeug sieht. So distanziert sich Girlie während der Fahrt gedanklich allmählich von ihrem Lover und öffnet sich dem Taxifahrer dafür umso mehr, was zu einem intensiven Dialog zwischen den Charakteren und schließlich einem gegenseitigen Seelenstriptease führt.
Der finale Showdown im "Sommerhaus der Stars" bringt dem Siegerpaar Sam Dylan und Rafi Rachek 50.000 Euro mehr auf dem Konto ein. Doch das Finale sorgt vor allem durch Eskalationen und Handgreiflichkeiten für Gesprächsstoff. Zuschauer diskutieren: Haben wir alle Trash-TV etwa jahrelang falsch verstanden?