Die gebrochene Heldin, die den Nazis entwischte
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Die jüdische Tennisspielerin Liesl Herbst flieht kurz vor dem Zweiten Weltkrieg vor den Nazis aus Österreich - und schlägt wenig später in Wimbledon auf. Ein Wunder. Doch Herbsts Leben wird dominiert von Tragik, Tod und Schuldgefühlen. Die Geschichte einer gebrochenen Heldin.
Wenn am heutigen Nachmittag die Königin von Wimbledon gekrönt wird, schreiben Ons Jabeur oder Markéta Vondroušová ihre ganz eigene Heldengeschichte. Wie das größte Tennisturnier der Welt seit 1877 schon so viele hervorgebracht hat. Keine aber ist wohl ähnlich atemberaubend und tragisch wie die von Liesl Herbst. Einer Heldin, die sich 1939 ihren persönlichen Traum erfüllte. Auf Umwegen. Gegen alle Widerstände. Wider das schrecklichste Verbrechen der Menschheit.
Der Jüdin Liesl Herbst gelang es, den Nationalsozialisten im Österreich der Vorkriegszeit zu entkommen und wenig später beim Rasenklassiker aufzuschlagen. Und doch sollte sie zeit ihres Lebens gebrochen sein. Es ist eine Geschichte von Flucht und Tod, von Glück und Unglück - von Nazis und dem Schuldgefühl der Überlebenden.
Die 1903 geborene Österreicherin hatte in der Heimat zwar erst in ihren Zwanzigern mit Tennis angefangen, doch 1930/31 gewann sie die nationale Meisterschaft. 1938 folgte Adolf Hitlers Einmarsch in Österreich, der sogenannte "Anschluss". Herbst sah sich antisemitischen Vorschriften gegenüber, die - nur ein erstes Anzeichen des kommenden Übels - unter anderem Jüdinnen und Juden den Tennissport verboten. "Meine Oma selbst nahm zunächst an, sie wäre nicht in Gefahr, weil sie eine bekannte Profispielerin und nicht religiös war", sagt Enkelin Felice Hardy, die die Geschichte ihrer Großmutter im Buch "The Tennis Champion Who Escaped the Nazis" aufgeschrieben hat, gegenüber ntv.de. "Mein Großvater aber warnte sie und sie floh aus Österreich in Richtung Prag."