Wird die deutsche Nationalmannschaft überschätzt?
n-tv
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft kommt einfach nicht auf die Beine. Auf jeden Versuch, aufrechte Schritte zu gehen, folgt der nächste Sturz. Für das kommende Jahr macht das kaum Hoffnung. Dabei muss alles besser werden. Aber wie eigentlich?
Ein Sommermärchen soll her. Das hat Rudi Völler gesagt. Er hat es quasi angeordnet. Und "Tante Käthe" darf das, sie (also er) ist der wichtigste Verbindungsmann zwischen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und deren Anhängern, die in den vergangenen Jahren immer weniger geworden sind. Dabei soll 2024 alles so schön werden wie 2006. Deutschland nahm die Welt mit offenen Armen in Empfang und lag sich selbst beseelt jenen. Doch die Zeiten waren andere, die Welt nicht in Aufruhr wie Ende 2023. Alles war in unbeschwerter. Zumindest in den hiesigen Gefilden. Der Hindukusch und der Irak waren weit weg, auch emotional. Anders als die Ukraine und Israel heute. Und so liegt dem Turnier im Sommer, der Heim-EM, auch der Wunsch inne, dass der Fußball und Gastgeber Deutschland eine heilende Kraft für die Menschen und die angegriffenen Demokratien entfacht.
Das ist ein ganz schön schwerer Rucksack, der da gepackt wird. Getragen werden muss er von den Fußballern mit dem Adler auf der Brust. Die allerdings brauchen selbst dringend mal wieder Heilung. Sie waren unter der Last der Erwartungen im November abermals zusammengesackt. Von einem aufrechten, ja stolzen Gang sind sie nach den phasenweise erschreckenden Auftritten gegen die Türkei und gegen Österreich meilenweit entfernt. Die Nationalmannschaft ist ein kranker, gebückter Mann, auf den auch noch von allen Seiten eingedroschen wird. Sogar von Leuten aus dem eigenen Verband.
So war DFB-Vizepräsident Ralph-Uwe Schaffert nach den Weihnachtstagen wie ein wilder Stier über die Spieler hergetrampelt, hatte sich etwa Joshua Kimmich und İlkay Gündoğan vorgeknöpft und einen "radikalen" Wechsel des Personals angeregt. Ein weiterer Brandherd. Wo es Löschwasser gebraucht hätte, griff der Niedersachse zum Öl. Dieser Ausbruch kam nicht gut an, von Völler gab es ein amtliches Echo. Der Mann, der das Sommermärchen wie vielleicht kein zweiter herbeisehnt, schwang sich abermals zum ersten Beschützer der Mannschaft auf.