67,7-Millionen-Euro-Frage lastet auf abstürzendem Traditionsklub
n-tv
Im Mai 2023 vollbringt der VfL Osnabrück ein Fußballwunder und kann sein Glück kaum fassen. 18 Monate später steht der Traditionsklub am Abgrund und droht, erstmals aus dem Profifußball abzusteigen. Auch, weil die Sorgen beim Drittliga-Schlusslicht weit über das Sportliche hinausreichen.
Als der VfL Osnabrück am 27. Mai 2023 in den allerletzten Sekunden des letzten Drittliga-Spieltags den sensationellen Aufstieg perfekt macht, bebt die Bremer Brücke vor Begeisterung. Dass die beiden Tore in der Nachspielzeit allerdings der finale Feiertag vor einem inzwischen existenzbedrohenden Niedergang sein würden, ahnt damals wohl niemand. Auf jene große Party folgt ein Absturz, der nicht nur die Fans der Lila-Weißen mitunter sprachlos zurücklässt.
Wer sich in dieser Saison regelmäßig Spiele der Osnabrücker in voller Länge anschaut, muss große Frusttoleranz mitbringen. Für wiederkehrende folgenschwere Fehler in der Defensive, für mitunter erstaunliche technische Unzulänglichkeiten, für missglückte Pässe, für einen Angriff, der seinem Namen zu oft kaum gerecht wird. Mit der schlechtesten Abwehr und der zweitschwächsten Offensive der Liga erscheint der letzte Tabellenplatz folgerichtig. Und als wären diese handelsüblichen Probleme nicht schon drängend genug, schwebt über dem VfL eine viel größere Frage: Nämlich nach der grundsätzlichen Perspektive für den Profifußball in Osnabrück, die elementar von der Antwort auf eine 67,7 Millionen Euro schwere Frage abhängt - aber dazu später mehr.
Angesichts dieser Umstände ist die Stimmung inzwischen höchst besorgt bei den Fans, die den VfL trotz dieser Misere bemerkenswert zahlreich unterstützen. Das jüngste Heimspiel gegen Dresden war mit 15.761 Zuschauenden ausverkauft, auswärts kamen selbst an einem Mittwochabend rund 700 Fans ins knapp 640 Kilometer entfernte München, um die Lila-Weißen lautstark zu supporten. Der Zuschauerschnitt über die vergangenen drei Saisons (14.144 in dieser, 14.586 in der vorherigen, 13.574 im Aufstiegsjahr) ist so hoch wie nie zuvor über einen solchen Zeitraum. Die Mannschaft aber droht, diese außergewöhnliche Unterstützung wortwörtlich zu verspielen.
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