Warum die Wahrheit dem Fußball mal guttut
n-tv
Katar ist ein freiheitsliebendes Land, Russland und vor allem Präsident Putin harmoniebedürftig, der Sport ist nicht politisch. So stellt es sich dar, wenn man dem FIFA-Kongress glaubt. Nur eine stört das Heile-Welt-Getue. Dafür muss man Norwegens Verbandspräsidentin Klaveness dankbar sein.
Da kommt jemand - noch dazu eine Frau - auf die große, internationale Fußballbühne und erhebt schwere Vorwürfe. Skandal! Norwegens Fußball-Verbandspräsidentin Lise Klaveness kassiert beim FIFA-Kongress in Katar viel Kritik von den anwesenden Fußball-Mächtigen. Was hat sie bloß gesagt? Nur die Wahrheit. Aber das wagt sonst niemand Weiteres.
Ganz schön traurig. Denn die Fakten, die Klaveness vorträgt, sind allseits bekannt. Aber zu gravierend, als dass sie in Vergessenheit geraten dürften. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International prangern Katar seit Jahren an. "Die WM wurde von der FIFA auf eine inakzeptable Art und Weise vergeben, und das hatte inakzeptable Folgen", sagte die 40-Jährige am Donnerstag. "Menschenrechte, Gleichheit, Demokratie und das Kerninteresse des Fußballs waren nicht in der Startelf. Diese Basisrechte wurden vom Feld auf die Ersatzbank geschoben." Sie sprach von verletzten und verstorbenen Arbeitern auf den Stadien-Baustellen in Katar, von fehlenden Rechten für Frauen und LGBTQ+.
Sie war die einzige, die die ungeschönte Wahrheit am Tag vor der Auslosung der WM-Gruppen aussprach. Anders als von ihren FIFA-Kollegen, die zwischen Entsetzen, Empörung und Verteidigung Katars schwankten, wird sie mindestens von den westlichen Experten und Fans gefeiert. "Erregungs"-Twitter ist voll des Lobes für die frühere Nationalspielerin, sie sei "sensationell", während die FIFA eine "Schande" ist, heißt es dort etwa.