Gericht stuft Versammlungsverbot als unverhältnismäßig ein
n-tv
Eine sächsische Corona-Verordnung untersagt im April 2020 pauschal alle Versammlungen von Menschen. Dagegen klagt ein Mann, der seine Grundrechte verletzt sieht, und verliert zunächst. Das Bundesverwaltungsgericht gibt ihm nun recht.
Das völlige Verbot von Versammlungen zu Beginn der Corona-Pandemie im April 2020 war nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unverhältnismäßig. Das oberste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig stufte die entsprechende Passage einer sächsischen Corona-Schutzverordnung als unwirksam ein. Der Verordnung zufolge waren Versammlungen nur mit Genehmigung zugelassen. Auch andere Bundesländer hatten damals Kundgebungen untersagt.
Die Versammlungsverbote durften zwar auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden, so das Gericht. Die Behörden durften auch davon ausgehen, dass andere Schutzmaßnahmen nicht gleich wirksam gewesen wären. "Dieser Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung standen jedoch außer Verhältnis zur Schwere des Grundrechtseingriffs", heißt es in dem Urteil (Az.: BVerwG 3 CN 1.22).
Das komplette Verbot sei "ein schwerer Eingriff in die Versammlungsfreiheit" gewesen, so das Gericht. Dass die Verordnung Einzelgenehmigungen in Aussicht stellte, habe wenig geändert. Aus der Vorschrift sei nicht erkennbar gewesen, unter welchen Voraussetzungen Versammlungen trotz Pandemie vertretbar gewesen sein könnten. Die Landesregierung hätte dies regeln müssen, "um zumindest Versammlungen unter freiem Himmel mit begrenzter Teilnehmerzahl unter Beachtung von Schutzauflagen wieder möglich zu machen".