Wie die Ampel 2023 erfolgreich bestehen kann
n-tv
Die Ampel regiert seit einem Jahr im dauerhaften Ausnahmezustand. Zwar schmiedet sie im Krisenmodus Kompromisse, kulturelle Differenzen ihrer Wählerschaften erschweren aber ihre Politik. Ausweglos ist die Situation allerdings nicht.
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP ist zum Jahreswechsel mehr als ein Jahr im Amt. Die Euphorie in der "Fortschrittskoalition" war anfangs groß, doch dann kam mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine die vielzitierte Zeitenwende. Die Hoffnung, dass die Koalition eine Vielzahl modernisierungsfreudiger Segmente ansprechen und so im gesellschaftspolitischen Bereich innovative Projekte umsetzen, aber auch breite Kompromisse schmieden könne, wurde dadurch mit einer schweren Hypothek belastet. Stattdessen stehen Themen wie die Sicherung der Energieversorgung sowie verteilungspolitische Fragen um die soziale Abfederung steigender Preise im Vordergrund, Themen, bei denen die lagerübergreifende Koalition nur schwer auf einen Nenner kommt. Die Ampel regiert in einer Art permanentem Ausnahmezustand.
Umfragen zeigen, dass die Regierung ein Jahr nach der Amtsübernahme unter Druck steht. In der Bevölkerung sinkt das Vertrauen in die Lösungskompetenz der Politik, die Zufriedenheit der Menschen mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland ist auf einem Tiefstand. Bei Befragungen von Fokusgruppen zeigt sich darüber hinaus, dass das Immunsystem der gesellschaftlichen Mitte gegen demokratiefeindliche Parolen und Verschwörungsnarrative vom rechten Rand geschwächt ist. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich aktuell mit ihren finanziellen Sorgen alleine gelassen und sind dementsprechend nicht zufrieden mit der Leistung der Bundesregierung. Die Union ist in den Umfragen wieder nahe an den 30 Prozent, gleichzeitig glaubt die Mehrheit nicht, dass sie es in der Regierung besser machen würde - ein weiterer Beleg für erodierendes Vertrauen in die politische Elite.
Während mit der FDP ein Koalitionspartner in Umfragen gerade mal knapp über der Fünf-Prozenthürde steht und mit einer besonders unzufriedenen Klientel zu kämpfen hat, zeigt sich, dass es auch thematisch größere Differenzen bei den politischen Einstellungen der Wählerinnen und Wähler der Ampelparteien gibt. Die Fortschrittskoalition wollte die Gesellschaft modernisieren, nun zeigen aktuelle Debatten um vereinfachte Einbürgerungen oder um Corona-Regeln doch eine größere kulturelle Kluft zwischen den Wählern von SPD, Grünen und FDP.