Heißhungriges Bayer Leverkusen schießt sich die Füße wund
n-tv
Am Sonntag kann Bayer Leverkusen seiner Supersaison den ersten Titel schenken. Dann winkt tatsächlich die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte. Doch vorher steht noch die Europa League an. Gegen West Ham gibt es auf die Knochen und eine wilde Torjagd.
Was hat Xabi Alonso seinem Joker Jonas Hofmann mit auf den Weg gegeben? Eine kleine Ewigkeit redete der Supertrainer von Bayer Leverkusen auf den Nationalspieler vor dessen Einwechselung im ersten Europa-League-Viertelfinale gegen West Ham United ein. Hatte er ihm gesagt, dass er der Welt zeigen soll, dass er besser als Mario Götze ist? Hat er ihn mit jenem magischen Last-Minute-Zauberspruch belegt, der der Werkself in den vergangenen Wochen immer mal wieder den Hintern und damit die Superserie von nun 42 Spielen (!) ohne Niederlage gerettet hatte? Nun, Xabi Alonso wusste es nach dem späten 2:0 (0:0)-Erfolg gegen die Engländer nicht mehr. Er hatte, so sagte er, keine Erinnerung und lächelte. Ob nun geflunkert oder nicht, man glaubt es diesem Trainer gerne, der eine Mannschaft geformt hat, die ihresgleichen sucht. In Deutschland. In Europa.
Hofmann hatte den Weg zu einer weiteren Partynacht bereitet. In der 76. Minute spielte er erst einen bitteren Fehlpass, lief dann nach einem herrlichen Steilpass des ebenfalls eingewechselten Victor Boniface alleine auf Torwart Lukasz Fabianski zu (und kam einen Schritt zu spät), traf schließlich (83.) und legte dann noch das so wichtige zweite Tor von Boniface auf (90.+1). So wichtig, weil alle, die das Bayerkreuz im Herzen oder auf der Brust tragen, davon ausgehen, dass der Gegner nicht erneut so rätselhaft passiv auftritt. Sieben der zehn Feldspieler beschränkten sich ausschließlich auf die Gefahrenabwehr. Was sich nachhaltig auf die Schaffenskraft der Offensivkräfte Lucas Paqueta, Mohammed Kudus und Michail Antonio auswirkte. Schon Mitte der ersten Halbzeit hoben sie frustriert die Hände, fremdelten augenscheinlich mit der Destruktivität ihres Teams.
Fünf Mann standen in der letzten Kette. Vier Mann davor. Der einzige, der im laufenden Spiel nicht mit Aufgaben vor dem eigenen Kasten betraut war, war Einzelkämpfer Antonio. Vor dem überraschend schnellen und extrem bulligen Angreifer hatte die Leverkusener durchaus Respekt. Neben Jonathan Tah, der sich bemerkenswerte harte Kämpfe im wahrsten Wortsinn mit dem 34-Jährigen lieferte, war auch Josip Stanisic offenbar aufgetragen worden, ein Auge auf den Stürmer zu haben. Nur einmal ließen sie ihn laufen, nach zehn Minuten brach er auf der Außenbahn durch und schob zu Kudus rüber, der aber schlecht abschloss. Es blieb über die gesamte Spielzeit der einzige Torschuss. Erstaunlich für eine Mannschaft, die im Achtelfinal-Rückspiel den SC Freiburg mit 5:0 zerlegt hatte - nach einem 0:1 aus dem Hinspiel. Die Erinnerung ist auch eine Mahnung für Bayer.
Sportlich hat Torhüter Loris Karius schon länger keine Schlagzeilen mehr produziert. Und doch ist sein wahrscheinlicher Transfer zum FC Schalke 04 ein aufsehenerregendes Thema, was vor allem an seinem Privatleben liegt. Beim Zweitligisten wird er wohl meist mit einem Platz auf der Bank vorliebnehmen müssen.