Die verzweifelten Löwen von England
n-tv
Nach zwei starken Turnieren 2018 und 2021 nehmen die englischen Fußballer in diesem Jahr den Titel bei der WM ins Visier. Doch je näher Katar rückt, desto schwächer und verunsicherter treten die "Three Lions" auf. Coach Southgate glaubt aber, dass er immer noch der "Richtige" ist.
Kaum jemand weiß besser, wie vergänglich Ruhm ist, als Joachim Löw. 2014 gefeierter Weltmeister, 2016 schon kritisch beäugter EM-Halbfinalist, 2018 Hauptverantwortlicher für die Schmach von Watutinki, 2021 dann wurde nur noch das Ende einer scheinbaren Ewigkeitsära herbeigesehnt. Im EM-Viertelfinale ausgeknockt von Gareth Southgates Engländern. Von den gefeierten und bestaunten "Three Lions", die mit gnadenloser Verteidigungskunst und der Extraklasse ihrer offensiven Topstars um Harry Kane und Raheem Sterling ins Finale eingezogen waren. Alles richtig gemacht, alle Entscheidungen richtig getroffen, befand Sturmlegende Alan Shearer vor dem Endspiel-Drama gegen Italien.
Bis zur 120. Minute schien Wembley im vergangenen Juli plötzlich der Ort zu sein, an dem sich das Schicksal von Southgate zum Guten wendet. Doch dann wechselte der Trainer vor dem Elfmeterschießen mit Jadon Sancho und Marcus Rashford zwei Supertalente ein, beide traten an, beide verschossen. Im EM-Halbfinale 1996 hatte Southgate gegen Deutschland selbst verschossen, nun ließ ihn das Glück wieder im Stich. Southgate war wieder der tragische Held. Aber eben ein Held. Er hatte die stolze Nation fußballerisch wiederbelebt. Die "Three Lions" waren nun keine jaulenden Kätzchen mehr, sondern wieder brüllende Raubtiere. Und die nächste Chance auf einen Titel, die ist ja so nah: Katar, Winter, 2022.
Doch der Glaube daran, dass die Männer erstmals seit 1966 wieder triumphieren, hat sich seit Juni verzwergt. Seither geht für die englische Nationalmannschaft nämlich gar nichts mehr. Die krachendste Ohrfeige kassierte das Team in der Nations League gegen Ungarn (!). Mit 0:4 (!) gingen die Löwen in Wolverhampton unter. Es war die höchste Heimniederlage seit einem 1:5 gegen Schottland 1928. Und sie stellte alles in Frage. Zuvorderst den Trainer und die Titel-Tauglichkeit des Kaders, dem so ein gigantisches Potenzial zugeschrieben wird. Southgate nahm die Klatsche auf sich. Gestand personelle Fehlentscheidungen ein. Und was folgte? Eine 0:1-Pleite gegen Italien und damit der Abstieg aus der Topgruppe der Nations League sowie nun das bizarre 3:3 gegen das DFB-Team. Die Kritik am Trainer wächst. Zumindest in der Öffentlichkeit.
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