"Krisenempfinden und psychische Belastung sind kein Wettbewerb"
n-tv
Deutschland empfindet 2023 eine Art Krisenblues: Klimawandel, Inflation und die Kriege in der Ukraine und in Nahost sorgen die Deutschen zunehmend. Ein Jahr des Krisenempfindens geht zu Ende und die Ängste scheinen größer als je zuvor.
Inflation, Kriege und die Folgen des Klimawandels sorgen für Krisenstimmung in Deutschland. Zuletzt kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff "Krisenmodus" zum "Wort des Jahres" 2023. Krisen habe es schon immer gegeben, im zu Ende gehenden Jahr schienen sie und ihre Bewältigung jedoch zu kulminieren, erklärte die Jury zur Begründung.
Steigende Preise im Supermarkt, Nachrichten von Kriegen und Gewalt in den Medien, sowie weltweite Naturkatastrophen - alle sehen, hören und fühlen die Krise. Auf dem Höhepunkt der gefühlten Krisen, kommt man nicht umhin sich zu fragen: War früher wirklich alles besser?
"Wenn man auf die Gegenwart schaut, hat man oft das Gefühl, die Gegenwart ist mehr von Krisen betroffen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Jetzt ist eine besonders krisenbehaftete Zeit", sagt Historiker Frank Biess. Die Krisen sind in Deutschlands Gefühlshaushalt angekommen. Eine Erfahrung, die in Krisenzeiten viele machen: Angesichts aktueller Dauerbelastungen leiden einige an einer Art Zukunftspessimismus. Demgegenüber sieht die Vergangenheit durch die nostalgische Brille oftmals rosiger aus. "Es geht uns natürlich besser als in vielen Momenten in der Vergangenheit." Für ihn als Historiker sei es leicht, Sorgen und Ängste der Vergangenheit als überzogene Hysterie oder Neurosen zu verurteilen. "Doch wir haben den Vorteil, dass wir wissen, wie die Geschichte ausgegangen ist. Heute wissen wir, dass es keinen Dritten Weltkrieg gab - zumindest bis jetzt noch nicht", verneint Historiker Biess die Frage, ob früher wirklich alles besser war.