Zwischen Ordnungswahn und wilden Inseln
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Für die einen sollte auf Friedhöfen alles immer möglichst gepflegt aussehen, andere wünschen sich hingegen mehr Naturnähe. Für die Kommunen ist die Abwägung ein schwieriger Spagat.
Eisenach (dpa/th) - Beim Insektenschutz wird die Rolle von Friedhöfen in Thüringen immer wieder neu diskutiert. Während in mancher Friedhofsverwaltung erste Beschwerden einlaufen, wenn das Gras auf den Wiesen etwas höher steht, wünschen sich andere Friedhofsbesucher mehr Naturnähe. "Maßgabe in unserer Stadt ist eine gute Mischung aus strukturierter Ordnung und ökologischem Freiraum", fasste die Sprecherin der Stadt Eisenach, Juliane Dubiel-Schwanz, zusammen. Auch in anderen Kommunen wie in Erfurt, Weimar und Suhl wird nach einem Weg gesucht, Ökologie und Ordnungssinn unter einen Hut zu bringen - mit wechselndem Erfolg.
"Die Idee eines insektenfreundlichen Friedhofs steht und fällt mit den Leuten - besonders in ländlichen Regionen", erklärte Annett Scholz aus Dorna bei Gera. Als Mitglied der Kirchgemeinde und des Naturschutzbundes (Nabu) Gera-Greiz hatte sie sich mit einigen Mitstreitern dafür eingesetzt, auf dem kleinen Friedhof der Gemeinde einen Bereich einzurichten, der nicht gemäht oder bewirtschaftet wird. Dafür wurde der Dornaer Friedhof mit der Plakette "Wilde Insel" ausgezeichnet, die der Nabu Thüringen seit 2020 an mittlerweile 178 Projekte vergeben hat. In Dorna sei es bisher gelungen, die verschiedenen Interessen auszugleichen. "Sobald aber einer dabei ist, der die vermeintliche Unordnung nicht akzeptieren kann, wird das zum Problem."
In Eisenach gibt es schon seit einigen Jahren unterschiedliche Ansätze, um mehr Platz für Artenvielfalt auf dem Friedhof zu schaffen. Der Eisenacher Hauptfriedhof verstehe sich schon jetzt als insektenfreundlich, sagte Dubiel-Schwanz. Unter anderem würden auf leerstehenden Grabfeldern Blühwiesen angelegt, Insektenhotels gebaut oder Stauden anstelle von Wechselpflanzungen eingesetzt. Zudem würden keine Pestizide verwendet sowie Totholz und Habitatbäume erhalten, um Insekten Rückzugsräume zu bieten. Im Herbst bleibe deshalb auch der ein- oder andere Laubhaufen liegen.