Berlin erwägt Ausweisung russischer Spione
n-tv
Mehrere europäische Länder haben seit Beginn des Ukraine-Krieges Dutzende russische Geheimdienstmitarbeiter ausgewiesen. Die Bundesregierung hält sich dagegen mit solchen Maßnahmen bislang zurück, obwohl Berlin ein Schwerpunkt russischer Spionageaktivitäten ist.
Die Bundesregierung erwägt laut einem Bericht eine "signifikant hohe Zahl" russischer Diplomaten aus Deutschland auszuweisen, die der Geheimdienstarbeit verdächtigt werden. Die Politische Direktorin des Auswärtigen Amtes, Tjorven Bellmann, sprach der "Süddeutschen Zeitung" zufolge auf einer Konferenz mit ihren Kollegen aus den G-7-Staaten in dieser Woche von einem "Entscheidungspaket", zu dem auch der Entzug von Akkreditierungen russischer Botschaftsmitarbeiter zählen könne.
Das Auswärtige Amt äußerte sich nicht konkret zu dem Bericht. Es teilte der Zeitung lediglich mit, die Bundesregierung stimme sich zu weiteren Reaktionen auf den russischen Angriff auf die Ukraine eng mit den Partnern ab. Alle Optionen blieben auf dem Tisch. "Es wäre nicht zweckmäßig, dass wir Maßnahmen vorab ankündigen." Deutschland könnte den "SZ"-Informationen zufolge eine ähnlich hohe Zahl von Mitarbeitern russischer Vertretungen des Landes verweisen, wie es zuletzt Belgien und die Niederlande getan haben, also etwa 20. In der Bundesregierung würden aber noch verschiedene Optionen diskutiert, hieß es.
Zuständig für die Entscheidung sind Kanzleramt, das Auswärtige Amt und das Innenministerium. Diese seien sich aber noch nicht einig über das Vorgehen. In der Bundesregierung gibt es offenbar unterschiedliche Auffassungen zum Sinn solcher Ausweisungen. Zwar ist in Geheimdienstkreisen bekannt, dass Russland eine hohe Zahl an inoffiziellen Geheimdienstmitarbeitern in Berlin unterhält, allerdings sehen sich Bundesnachrichtendienst (BND) und Verfassungsschutz in der Lage, diese Agenten zu überwachen. Sie hätten sich in den vergangenen Wochen unauffällig verhalten, heißt es in Geheimdienstkreisen.