Warum Bulgarien der heimliche Retter der Gegenoffensive ist
n-tv
Die Liste der Waffen, die sich die Ukraine für die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete wünscht, ist lang. Neben Kampfjets und Panzern braucht das Militär aber vor allem eins: Munition. Doch Kiew hat nur wenig von den Spenden der Verbündeten, wenn ein Land nicht mitmacht: Bulgarien.
"Die Ukraine ist bereit", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Interview auf die Frage, was er über die seit Langem angekündigte Gegenoffensive sagen könne. Er sagte auch, dass die Ukraine gern noch mehr Waffen dafür gehabt hätte, aber nicht mehr Monate auf deren Lieferung warten könne. Seit Wochen reist Selenskyj um die Welt, um für mehr Unterstützung zu werben. Der Fokus liegt dabei oft auf den westlichen Ländern, die Kiew langersehnte Zusagen wie die F-16-Jets oder Langstreckenraketen vom Typ Storm Shadow gemacht haben. Dabei ist Kiew aber vor allem auf ein Land angewiesen, über das bei Waffenlieferungen kaum einer spricht: Bulgarien.
Lange war Bulgarien neben Ungarn das einzige NATO-Land, das keine Waffen an die Ukraine geliefert hat. Zumindest nicht offiziell. Doch als im vergangenen Frühjahr der ukrainischen Armee der Treibstoff und die Munition sowjetischen Kalibers ausgingen, die sie für den Kampf gegen die Russen benötigten, kam die Rettung von unerwarteter Seite: Bulgarien. Später stellte sich heraus, dass der damalige Premier Kiril Petkow bei seinem Besuch in Kiew am 28. April 2022 nicht nur, wie offiziell verkündet, Selenskyj seine Unterstützung mit Worten zugesagt hatte - sondern auch heimlich Taten folgen ließ.
Aufgrund Bulgariens komplizierter Innenpolitik und der prorussischen Ausrichtung anderer Parteien im Parlament durfte die Öffentlichkeit zu dem Zeitpunkt nichts davon erfahren. Petkows liberale Partei "Wir setzen den Wandel fort - Demokratisches Bulgarien" (PP-DB) bezieht dagegen seit Beginn der Invasion klar Stellung für die Ukraine. Zunächst habe es im Parlament den Beschluss gegeben, die Ukraine mit Munition zu versorgen, sagt Norbert Beckmann, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bulgarien. Nachdem das Land geliefert hatte, erklärte Staatspräsident Rumen Radew jedoch offiziell, dass Bulgarien seine Verpflichtungen erfüllt habe und jetzt nicht mehr weiter liefern wolle.