"Das geht weit über die bisherige Nukleardoktrin hinaus"
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Jana Baldus von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung sieht in Putins Rhetorik Hinweise, dass Russland einen Atomwaffeneinsatz legitimieren will. Ob seine Drohungen ernstgemeint sind, könne man nicht einschätzen, sagt sie: "Wenn uns dieser Krieg etwas gelehrt hat, dann, dass man auch mit Horrorszenarien rechnen sollte."
Den von Putin mutmaßlich bezweckten Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine lehnt Jana Baldus trotzdem klar ab: "Wenn wir das täten, würden wir Putin zeigen, dass es wirkt, solche Drohungen auszustoßen. Damit würde es wahrscheinlicher, dass diese Drohung in Zukunft noch öfter angewendet wird."
ntv.de: Als Putin die Mobilmachung verkündete, sagte er: "Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht ist, werden wir natürlich alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Russland und unser Volk zu schützen." Eigentlich steht in der russischen Nukleardoktrin, dass Atomwaffen nur eingesetzt werden, wenn die Existenz des russischen Staats gefährdet ist. Gilt das nicht mehr?
Jana Baldus: Das gilt immer noch. Die nukleare Doktrin Russlands besagt, dass sie, wenn ihre Existenz bedroht ist, mit einem Nuklearschlag antworten können. Natürlich wird dem durch die Annexion ein großes "Aber" angefügt und so die nukleare Doktrin ausgeweitet auf den Fall, dass auch dann ein Nuklearschlag möglich ist, wenn Russland in den annektierten Gebieten seine Interessen bedroht sieht. Das geht weit über die bisherige Nukleardoktrin hinaus.