Sogar die Schweiz liebäugelt mit der NATO
n-tv
Die Regierung in Bern hat die zwei Jahrhunderte währende Neutralität aufgegeben, um sich auf die Seite der Ukraine zu stellen. Seither debattiert das Land über die Folgen, über "Drecksgelder aus aller Welt" - und eine neue militärische Ausrichtung.
Nachdem die Bilder und Videos von den Toten in Butscha weltweit bekannt wurden, reagierte auch die Schweiz empört. Das Außenministerium twitterte am 3. April: "Diese Geschehnisse sowie alle anderen mutmaßlichen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht bedürfen dringlich einer unabhängigen internationalen Untersuchung." Die Formulierung gewährte Einblicke in die Strategie der Regierung in Bern. Während Deutschland, weitere EU-Staaten, die USA, Großbritannien, Japan und Australien von Kriegsverbrechen sprachen und mit dem Finger auf Russland zeigten, verzichtete die Schweiz auf jedwede Beschuldigung des Kremls für die beklagten "Geschehnisse und mutmaßlichen Verstöße" gegen die Menschenrechte.
Prompt gab es Kritik. Der Regierung wurde - etwa von den Sozialdemokraten - abermals zögerliche Haltung bescheinigt, um das Geschäftsmodell der Schweiz zu bewahren, das eng an die Neutralität gebunden ist. So hatte die Alpenrepublik ganz offiziell bei Anlegern in Russland "mit der Rechtssicherheit sowie politischen Stabilität und Neutralität" geworben. Neben Großbritannien ist die Schweiz das Schlaraffenland für russische Oligarchen und Superreiche. Eine ganze Industrie ist darum entstanden. Über die Schweiz wird der Großteil des russischen Rohstoffhandels abgewickelt, dort sind massenweise Antiquitäten russischer Eigentümer eingelagert.
Nach Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine wollte sich das Land zunächst auf die Position zurückziehen zu helfen, dass von der EU verhängte Sanktionen nicht über Unternehmen in Zürich oder Genf umgangen werden können. Schon das sorgte für Entsetzen in In- und Ausland, da der Eindruck entstand, die Eidgenossen stellten politische Tradition über das Leiden der Ukrainer. Bern korrigierte sich und hob die Neutralität faktisch auf. Bundespräsident Ignazio Cassis - eine Art Oberhaupt der Regierung - sprach von einem "in diesem Umfang einmaligen Schritt".
Er ist maßgeblich an der Tesla-Ansiedlung beteiligt - eine der Erfolgsgeschichten der Brandenburger Wirtschaft. Nun aber zieht sich Jörg Steinbach zurück. Als Grund nennt er das Bündnis der SPD mit dem BSW. Ministerpräsident Woidke reagiert etwas kühl. Die Grünen würdigen seine Pro-Ukraine-Haltung als nicht sehr verbreitet im Landesverband.