Kritik an "Verfassungsviertelstunde" trotz Lehrermangels
n-tv
München (dpa/lby) - An einem der wenigen ganz neuen Projekte von CSU und Freien Wählern kommt unmittelbar nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags deutliche Kritik: an der geplanten "Verfassungsviertelstunde" an den Schulen. Um die Befassung mit Werten der Verfassung zu stärken, soll es diese als wöchentliches Format geben, in der "über die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz sowie die dort verankerten Grundsätze diskutiert wird". So steht es im am Donnerstag vorgestellten Koalitionsvertrag.
"Es ist erfreulich, dass die Politik die Belastungen im Schulwesen sieht und Maßnahmen ankündigt, die Schulen und Lehrkräfte entlasten, beispielsweise Unterstützungskräfte und weniger Bürokratie", sagte der Vorsitzende des Philologenverbandes, Michael Schwägerl. "Auf der anderen Seite finden sich im Koalitionsvertrag gleich zwei neue Vorhaben, die an den Schulen – trotz Lehrermangel – umgesetzt werden sollen: Die wöchentliche "Verfassungsviertelstunde" und die Vermittlung von Alltagskompetenzen "im Rahmen eines Schulfachs"." Schwägerl stellte deshalb die Frage: "Wie passt die dringend nötige Entlastung an den Schulen mit zwei neuen Projekten zusammen?"
"Das Anliegen hinter der "Verfassungsviertelstunde" ist absolut berechtigt und kommt in der Präambel des Koalitionsvertrages klar zum Ausdruck. Wir müssen die Demokratie stärken und dabei herausstellen, welch wertvolles Gut wir mit unserer freiheitlichen Verfassung zu verteidigen haben", sagte Schwägerl. "Es wäre aber zu kurz gegriffen, diesen Auftrag nur an den Schulen bei den Kindern und Jugendlichen zu sehen. Angesichts des Wahlergebnisses sind in den kommenden Jahren vor allem die Erwachsenen gefordert, sich an unsere Verfassung zu erinnern, und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft: staatliche wie nicht-staatliche Institutionen, Politik, Wirtschaft, Unternehmen, Vereine und so weiter - jede Bürgerin, jeder Bürger", mahnte er.