"Es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden"
n-tv
In der ZDF-Talkshow Markus Lanz wird ein Ende der Gewaltspirale in Gaza und Israel thematisiert. Dabei richtet sich die Schriftstellerin Deborah Feldmann mit einem beeindruckenden Appell für Frieden im Nahen Osten an die Politik. Vizekanzler Habeck gibt ihr zwar moralisch recht, sieht aber auch Gefahren.
Deborah Feldman lebt heute in Berlin, Aufsehen erregte die 37-Jährige mit einem Buch, in dem sie ihre Jugend in einer ultraorthodoxen jüdischen Familie im New Yorker Stadtteil Brooklyn schildert und das von Netflix zu einer Serie verarbeitet wurde. Die Familie gehört zur jüdischen Gruppierung Satmar, die unter anderem aus religiösen Gründen den Staat Israel ablehnt. Feldman nennt sich selbst eine liberale Jüdin. In der ZDF-Talkshow Markus Lanz wendet sie sich mit einer beeindruckenden Friedensbotschaft an alle Menschen.
In der israelischen Gesellschaft fordern Angehörige von Geiseln ein Ende der Gewalt im Gazastreifen, sagt Feldman. "Es gibt eine erhebliche Stimme in der Diaspora, die nach einem Ende der Gewaltspirale schreit. Ich gehöre dazu." Und weiter: "Wir haben am Tag der Angriffe der Terrororganisation Hamas gesehen, dass die Menschen, die zur Zielscheibe des Terrors wurden, Menschen waren wie ich: offene, liberale, humanistische und friedliebende Menschen. Aber diese Menschen sind für das Vorgehen der rechtsnationalen Regierung in Israel ungünstig. Wenn die Familien der Opfer aufschreien, will man sie nicht hören. (...) Es wurde immer wieder gesagt, es gäbe keinen Kontext (Grund), keine Rechtfertigung, keine Erklärung für diese Gewalt gegen Israel", so Feldman.
"Im selben Atemzug wird gesagt, es gibt einen Kontext für die Gewalt gegen Palästinenser. Aber wir können nicht auf beiden Hochzeiten tanzen. Entweder gibt es keine Rechtfertigung der Gewalt gegenüber Zivilisten, oder wir müssen immer über den Kontext reden", sagt die 37-Jährige. Aus dem Holocaust gebe es für die Autorin nur ein einzige legitime Lehre: die absolute bedingungslose Verteidigung der Menschenrechte für alle. "Wer den Holocaust instrumentalisieren will, um weitere Gewalt zu rechtfertigen, hat seine eigene Menschlichkeit verwirkt. (...) Wenn diese Eskalation der Gewalt nicht beendet wird, erleben wir möglicherweise eine dramatische, gefährliche Entwicklung in unserer Gesellschaft und in der Welt, die wir nicht mehr in den Griff bekommen." Die Gäste bei Markus Lanz geben der Schriftstellerin zwar moralisch recht, doch es gibt auch Widerspruch.