Bedrohte Sommergäste: Dem seltenen Wachtelkönig auf der Spur
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Vor wenigen Jahren wurden gerade noch drei Exemplare des seltenen Zugvogels in Hessen gezählt. Inzwischen hat sich der Bestand etwas erholt. Nun brütet der Wachtelkönig sogar an ungewöhnlichem Ort.
Gelnhausen (dpa/lhe) - In Hessen haben sich die vom Aussterben bedrohten Wachtelkönige in diesem Jahr ein ungewöhnliches Brutgebiet ausgesucht: das relativ dicht besiedelte Kinzigtal zwischen Gelnhausen und Bad Soden-Salmünster. Mindestens fünf Männchen haben Vogelexperten in einer Wiese in der Nähe des Flusses Kinzig festgestellt – und das unweit der vielbefahrenen Autobahn 66. "Das ist sehr ungewöhnlich", freut sich Vogelexperte Stefan Stübing auf einem Streifzug bei Sonnenuntergang, bei dem er von fünf Exemplaren den typischen, knarrenden Ruf hört.
"Hören wir einen Wachtelkönig tags oder in der Dämmerung rufen, ist das ein sehr guter Hinweis, dass auch Weibchen im Gebiet sind und Bruten stattfinden", sagt Stübing. Der Diplom-Biologe, der im Auftrag der staatlichen Vogelschutzwarte unterwegs ist und Brutgebiete des extrem seltenen Wiesenvogels in einer Karte festhält, geht davon aus, dass es sich bei den Wachtelkönigen an der Kinzig gewissermaßen um Hochwasserflüchtlinge aus Bayern handelt, deren Brutgebiete bei den dortigen Hochwasserereignissen im Frühjahr überschwemmt wurden.
Auch in Hessen war das Frühjahr sehr nass, deswegen gibt es nun an der Kinzig feuchte Wiesen an Stellen, die in normalen Jahren trocken wären. "Die Wiesen sind daher für den Wachtelkönig diesmal so einladend, dass er sie trotz der nahen Autobahn attraktiv findet", erklärt der 51 Jahre alte Vogelexperte aus Bad Nauheim (Wetteraukreis). Nachts werde der Lärm auf der A66 leiser. "Ideal ist das natürlich nicht, da ist die Rhön für den Vogel viel einladender", sagt er. In normalen, trockeneren Jahren werde der Wachtelkönig deshalb vermutlich nicht wieder an die Kinzig kommen.