
Baerbock und Merz - zwei misstrauensbildende Maßnahmen
n-tv
Nach der Ampel ist vor der Ernüchterung. Ganz besonders beim Wahlvolk. Das darf dem kommenden Bundeskanzler bei abenteuerlicher Meinungsakrobatik zuschauen, während die scheidende Außenministerin den Trampolinsprung über den großen Teich wagt.
Als die zuvor viele Monate aus allen Richtungen getadelte Ampel-Regierung Anfang November 2024 spektakulär crashte, brach neben einer kafkaesken "Du bist schuld!"/"Nein, du bist schuld!"-Interviewschlacht unter den Rädelsführern der frisch getrennten einstigen Hoffnungskoalition vor allem großer Jubel beim Souverän aus. Der war zu diesem Zeitpunkt von sämtlichen Nicht-Ampel-Parteien aus sämtlichen ideologischen Lagern bereits eingeschworen worden, dass unser schönes Heimatland unter der Ampel-Ägide kurzfristig auf das wirtschaftliche, infrastrukturelle und innovative Niveau von Lummerlands zurückfalle.
Vor allem die Grünen, die uns (so das gängige Narrativ der Qualitäts-Kritiker aus dem Fachbereich Couch-Besserwisser) einen kinderbuchschreibenden Wirtschaftsminister und eine trampolinspringende Außenministerin beschert hatten, gerieten derartig in Verruf, dass im letzten Ampeljahr sicherheitshalber auch die FDP damit begann, kommunikativ wie eine Oppositionspartei zu agieren. Ärger im Ampelparadies, der die Zukunftsgeheimwaffe der CDU, Allroundgenie Jens Spahn, zu einer recht skurrilen Einordnung inspirierte: "Deutschland in der Rezession und die Scholz-Regierung streitet auf Sandkastenniveau. Die schlechteste Regierung aller Zeiten kostet weiter Vertrauen." Das Kabinett Scholz als schlechteste deutsche Regierung aller Zeiten. Aber wirklich nur ganz knapp vor den Regierungen von 1933 bis 1945.
Die auf den Ampel-Selbstzerstörungsmodus unweigerlich folgende Vertrauensfrage nebst vorgezogener Bundestagswahl wurden daher von vielen bejubelt. Das am 23. Februar in die Wahl-Annalen gemeißelte amtliche Endergebnis brachte am Ende jedoch nicht die erhofften klaren Erkenntnisse. Spontane landesweite Hyperzufriedenheit blieb aus. Das herbeigesehnte und möglicherweise für Selbstreinigungsprozesse an den extremen Rändern der politischen, nun ja, Meinungskorridore vermutlich notwendige kollektive Aufatmen ebenfalls. Ernüchtert ging man die neuen Koalitions-Optionen durch und begrub anschließend die Hoffnung, mit der neuen Führungskonstellation würde es jetzt aber mal ganz steil nach oben gehen. Ideologieübergreifend sind dieser Tage Jubelfanfaren bei politisch Interessierten noch seltener als bei Tesla-Aktionären.