"Wilhelm hat den Nazis Street Credibility verschafft"
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Im Jahr 1932 ruft der ehemalige Kronprinz Wilhelm zur Wahl von Adolf Hitler auf, beim "Tag von Potsdam" im März 1933 ist er Teil einer "Propagandashow, mit der die Nationalsozialisten versuchten, das alte Reich mit ihrer Bewegung zu verbinden", wie der Historiker Stephan Malinowski sagt. Malinowskis Buch "Die Hohenzollern und die Nazis" ist erst vor drei Monaten erschienen und schon ein Standardwerk. Ein Interview.
ntv.de: Bei oberflächlicher Betrachtung sieht es so aus, als sei die Monarchie im November 1918 wie ein Kartenhaus zusammengebrochen. Alle deutschen Fürsten dankten ab, der Kaiser ging ins Exil, Deutschland wurde eine Republik. Warum war es so leicht, die Monarchie zu beseitigen?
Stephan Malinowski: Ganz so leicht war es nicht, immerhin bedurfte es eines Weltkriegs mit Millionen Toten. Auch die Russische Revolution von 1917 muss man als begünstigendes Ereignis hinzunehmen, also den Eintritt des Kommunismus in die Weltgeschichte - mit allen Ängsten, die im deutschen Bürgertum damit verbunden waren. Der Fingerzeig, der die Kaiserfamilie vom Thron schnippte, war relativ leicht, denn die Potentaten mussten nicht mit Gewalt entfernt werden. Aber ohne die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts", wie George Kennan den Ersten Weltkrieg genannt hat, sind die Revolution von 1918 und der Sturz der Monarchie kaum vorstellbar.