Weltweite Führungslücke
Frankfurter Rundschau
Der Klimagipfel in Glasgow soll überprüfen, ob das Paris-Abkommen von 2015 noch etwas taugt. Die Aussichten dafür sind eher trübe. Der Hoffnungsschimmer sind nur wenige.
Die COP in Glasgow ist Klimagipfel Nummer 26; er findet statt mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem ersten dieser UN-Treffen in Berlin. Große Erwartungen begleiten die Veranstaltung. Sie wird zeigen, ob das Pariser Abkommen von 2015 funktioniert, das der damalige französische Präsident François Hollande als „die schönste und friedlichste aller Revolutionen“ bezeichnete – nämlich „die Revolution für den Klimaschutz“. Die Staaten verpflichteten sich damals, die Erderwärmung bei zwischen 1,5 und zwei Grad zu stoppen. Glasgow ist der erste Bilanzgipfel zu Paris.
Die COP26 wird viel Aufmerksamkeit erzeugen – angesichts der sich weltweit zuspitzenden Klimakrise. Der Gipfel startet am 1. und 2. November gleich mit einem Treffen der Staats- und Regierungsspitzen, die dadurch zeigen, ob und wie wichtig ihnen das Thema ist. US-Präsident Joe Biden wird sprechen, auch Indiens Regierungschef Narendra Modi, die Chefs der globalen Einheizer Nummer zwei und drei. Allerdings: Ausgerechnet der oberste Vertreter des mit Abstand größten Treibhausgasemittenten bleibt fern, Chinas Präsident Xi Jinping. Damit wächst die Gefahr, dass die „Revolution“ vertagt wird.
Die jüngste UN-Bilanz fällt denn auch reichlich ernüchternd aus. Das Umweltprogramm Unep hat in seinem „Emissions Gap Report“ errechnet, dass mit den vorliegenden CO2-Reduktionsplänen weltweit allenfalls eine Begrenzung der Erderwärmung auf 2,7 Grad zu schaffen ist. Damit würde das 1,5-Grad-Limit deutlich verfehlt, und auch die absolute Obergrenze für eine noch auszuhaltende Aufheizung der Atmosphäre von zwei Grad würde gerissen. Dabei ist sich die Wissenschaft einig, dass jedes Zehntelgrad zusätzlich gravierende Konsequenzen hat, weil damit Extremwetterereignisse häufiger und heftiger werden und Kipppunkte im Klimasystem irreversibel überschritten werden könnten.