![Was ist das Leben eines Menschen wert?](https://bilder2.n-tv.de/img/incoming/crop24272269/5931325971-cImg_16_9-w1200/imago0203303794h.jpg)
Was ist das Leben eines Menschen wert?
n-tv
Zwei Familien treffen sich für einen Luxus-Urlaub in der Toskana. Gleich am ersten Abend verunglückt ein aus Somalia geflüchtetes Mädchen tödlich. In seinem Roman "Die spürst du nicht" seziert Daniel Glattauer Vorurteile, Ignoranz und Arroganz der Privilegierten.
"Keiner der Beteiligten ist mit dem Schreck davongekommen. Das Unglück hat sich in die Hinterköpfe gegraben und dreht dort Endlosschleifen. Es löst die Strukturen zweier Familien auf, versetzt deren Alltag in chronische Ausnahmezustände, kontrolliert Nächte, dirigiert Träume, und jedes Erwachen führt zum Ausgangspunkt zurück, zu diesem gottverdammten Swimmingpool in der Toskana." Es sind gerade einmal 40 Seiten vergangen, da ist in dem Roman "Die spürst du nicht" des österreichischen Autors Daniel Glattauer schon die Katastrophe passiert.
Ein Mädchen ertrinkt am ersten Abend eines exklusiven Italien-Urlaubs. Angereist sind das Winzerehepaar Binder mit Sohn sowie die Grünen-Politikerin Elisa Strobl-Marinek mit ihrem Akademiker-Mann und den Kindern. Glattauer beschreibt einen "gedeckten Terrassentisch, überdacht mit einer vanillefarbenen Plane, flankiert von Steinmauern eines Landhauses im warmen ockergelben Licht. Weiter hinten schlängelt sich die dunkelgrüne Zierleiste einer Platanenallee durch die luftflimmernde Landschaft." Idylle pur. Gerade haben die befreundeten Familien erste Antipasti verspeist, die Proseccogläser sind nachgefüllt.
Über das schüchterne Mädchen, das sie leblos in dem Pool der Luxusvilla finden, wissen sie kaum etwas. Außer dass es Aayana heißt und aus Somalia geflüchtet ist. Und dass die streng muslimischen Eltern erst überzeugt werden mussten, die 14-Jährige mit nach Italien fahren zu lassen. Denn das war die Bedingung von Sophie, der ältesten Tochter der Strobl-Marineks. Sie wollte ihrer schüchternen Freundin "das Schöne am Guten der westlichen Welt zeigen und sie etwas vom Leben der Privilegierten lehren, das sie selbst freilich für das ganz normale Leben hält". Und sie wollte ihr das Schwimmen beibringen.