Pflanzen & Architektur: Schön. Nützlich. Grün
Frankfurter Rundschau
Gerade modern(isiert)e Städte können auf eine Vielfalt an Grünräumen nicht verzichten.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts hielt man es für unverzichtbar: Wachsende Großstadtregionen brauchen nicht nur Verkehrsstraßen und Wohnquartiere, sondern auch viel Grünflächen. Stadtgärten und Volksparks sollten auch den Bewohner und die Bewohnerin der Mietskaserne frische Luft und die Anmut kultivierter Naturräume zugänglich machen. Zudem war es ein Ort der Begegnung und des offenen sozialen Austauschs. Doch solche Ansätze sind unter heutigen Bedingungen allenfalls noch ein Desiderat.
Zwar ist kaum ein Thema so eindeutig freudig besetzt wie der Garten – Inbegriff des Schönen und des Angenehmen, Sinnbild der höchsten aller Wonnen: des Paradieses. Aber die allgemein-menschliche Sehnsucht nach Arkadien stößt im urbanen Kontext schnell an Grenzen. Gibt es doch in einer wachsenden, dichten Stadt immer weniger Platz für klassische neue Parks. Und auch bestehende Freiräume stehen, angesichts des aktuellen Wohnungsbedarfs, unter enormer Flächen- und Nutzungskonkurrenz. Hinzu kommt, dass in vielen Städten Parks inzwischen so stark für Freizeitaktivitäten genutzt werden, dass sie von den Stadtgärtnern zusehends in Rasenflächen mit pflegeleichten Bäumen verwandelt werden. Dass dahinter ein fragwürdiges modisches Konzept stehen könnte, legt so manche neu entstandene Grünanlage in Boom-Quartieren nahe, die eher mit landschaftsgestalterischen Formalismen langweilen, als mit botanischem Reichtum zu überraschen.
Folgt daraus, dass das urbane Grün seinen Zenit überschritten hat? Mitnichten. Da die beschleunigt voranschreitende Verstädterung unserer Welt tiefgreifende Überformungen mit sich bringt, die bisher weder in ihren Auswirkungen voll erfasst werden können, noch als endlicher Prozess absehbar sind, braucht es Visionen. Gesellschaftlich getragene Visionen. Und dabei spielt das Attribut „Grün“ eine ganz entscheidende Rolle.