Leere Supermärkte in Nordirland: Keine Einigung beim Brexit in Sicht
Frankfurter Rundschau
Während man sich in Nordirland langsam an lückenhafte Regale gewöhnt, findet die britische Regierung immer neue Streitpunkte mit Brüssel – nun gibt es eine neue Zielscheibe.
Belfast - Im „Wurstkrieg“ zwischen EU und UK sollte nun eigentlich Entspannung eintreten. Von kontinentaler Seite werden Vorschläge zur pragmatischeren Handhabung von Zoll- und Veterinärkontrollen für Nordirland gefordert, was den Verkauf frischer Lebensmittel aus Großbritannien dort erleichtern würde. Doch einen Tag bevor EU-Vizekommissionschef Maros Sefcovic seine Ideen vorstellen konnte, eröffnete am Dienstag Brexit-Minister Lord David Frost einen neuen Kriegsschauplatz – gegen den Europäischen Gerichtshof.
Für die Nordiren ist es beinahe schon zur Gewohnheit geworden: Immer wieder klaffen in den Supermärkten Lücken, weigern sich Geschäfte, bewährte Produkte wieder ins Sortiment zu nehmen. Der Grund ist die holprige Umsetzung begrenzter Zoll- und Warenkontrollen zwischen der Provinz auf der grünen Insel und der britischen Hauptinsel, die durch den Brexit notwendig geworden sind.
Die entsprechende Vereinbarung, das sogenannte Nordirland-Protokoll, ist Teil des Austrittsvertrages. Sie sollte der besonderen Geschichte und Geografie der 1922 künstlich geschaffenen Provinz gerecht werden, nämlich einerseits die kaum noch wahrgenommene Landgrenze zur Republik offenhalten und andererseits die territoriale Integrität des Königreiches wahren. Weil die konservative Regierung von Boris Johnson einen harten Bruch mit Binnenmarkt und Zollunion herbeiführte, Brüssel aber auf die Integrität des Binnenmarktes pocht, geht es nun nicht ohne Kontrollen. Jede Verzögerung schädigt natürlich ganz besonders frische Lebensmittel.