Erster AfD-Landrat: „Tiefpunkt“ und „Tag der Schande“ - Polit-Promis uneins über das Ausmaß
Frankfurter Rundschau
Die AfD hat erstmals eine Landrats-Wahl gewonnen. Die Bundespolitik teilt sich in herbe Warnungen und Beschwichtigung. Wie geht es weiter?
Sonneberg/Frankfurt - Einige Male waren die Rechtspopulisten schon nah an dieser Sorte symbolträchtigen Wahlsieges - nun ist es passiert: Die Wählerinnen und Wähler im Landkreis Sonneberg haben am Sonntag (25. Juni) mit Robert Sesselmann einen AfD-Politiker zum Landrat gekürt. 52,8 Prozent erhielt er letztlich. Und damit die entscheidenden Prozentpunkte mehr als CDU-Amtsinhaber Jürgen Köpper.
Aus der Bundespolitik kamen schon Sekunden nach der Ergebnisbekanntgabe die ersten bestürzten Stimmen. Unter anderem von Katrin Göring-Eckardt. Die Grüne hat ihren Wahlkreis in Thüringen - und bot in einem Tweet Mahnung und Relativierung an. „Alle sollten die Warnung hören. Wer rhetorisch oder real auf Spaltung setzt, muss sich nicht wundern, wenn dann das Original gewählt wird“, erklärte sie. Ein Stich auch gegen die CDU im Land und im Bund.
Die Bundestags-Vizepräsidentin wies auch nochmals daraufhin, dass just der Thüringer AfD-Verband vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird. Göring-Eckardt betonte aber auch: „Sonneberg ist Sonneberg und nicht Thüringen und nicht Deutschland.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schrieb wenig später von einem „Tiefpunkt unserer Politik seit dem Fall der Mauer“. Er forderte auch Schlüsse aus der Sonneberger Landratswahl: „Die Bevölkerung muss besser mitgenommen werden auf dem Weg zu Klimaschutz und mehr Gerechtigkeit“, erklärte er. Die AfD schüre Angst und Hass, habe aber „Lösungen für Nichs“. Aus CDU-Reihen beklagte Ex-Ministerin Julia Klöckner einen „Einschnitt“. Der frühere Ost-Beauftragte Marco Wanderwitz hatte zuletzt bei FR.de gar kein AfD-Verbot gefordert.
Ganz anders sah all das freilich die AfD selbst: Während Wahlsieger Sesselmann in Sonneberg mit Partei-Rechtsaußen Björn Höcke und Bundeschef Tino Chrupalla feierte, frohlockte dessen Co-Vorsitzende Alice Weidel auf Twitter. Sesselmann habe „Geschichte geschrieben“, lautete Weidels Deutung des Ergebnisses. „Das ist erst der Anfang!“, fügte sie hinzu. „Wir sind Landrat“, prangte über dem beigefügten Foto.