Ernst Gerhardt: „Ich habe überall meine Pflicht getan“
Frankfurter Rundschau
Der CDU-Politiker Ernst Gerhardt, einst einer der wirkungsmächtigsten Politiker Frankfurts, wird am Freitag 100 Jahre alt. Ein Besuch.
Eine hohe Hecke beschattet den schmalen Weg. Vögel zwitschern, Mücken summen. Sonst ist nichts zu hören. Einige Stufen führen hinauf zum Eingang des Siedlungshäuschens. In dieser Abgeschiedenheit nahe dem Günthersburgpark lebt Ernst Gerhardt nun schon seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Kontinuität ist sein Markenzeichen. Am 10. September feiert der Katholik, einst einer der einflussreichsten und wirkungsmächtigsten Politiker Frankfurts, seinen 100. Geburtstag. In weißem Hemd und dunkler Hose ist der kleine Mann wie stets mit dezenter Eleganz gekleidet. Er liebt wiederkehrende Rituale und muss sich doch noch im hohen Alter an Veränderungen gewöhnen. Noch vor kurzem arbeitete er jeden Werktag in seinem Büro in der Innenstadt. Nach einem Sturz ist der frühere CDU-Politiker nun auf den Rollator angewiesen und auf sein Haus zurückgeworfen. „Eine neue Rolle“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln, das in unserem Gespräch des öfteren aufblitzt. Mit der ihm vertrauten eisernen Selbstdisziplin meistert der ehemalige Stadtkämmerer auch diese neue Situation. Morgens dreht er mit dem Rollator sechs Runden auf der Terrasse, abends noch einmal. Er nutzt das Taxi, um Menschen zu treffen und beweglich zu bleiben. Jeden Sonntagmorgen fährt er zum Gottesdienst in den Dom. Für den Katholiken ist sein Glaube ein lebenslanger Halt. An der Wand im Wohnzimmer hängt der gekreuzigte Christus, dezent aus schwarzem Holz geschnitzt. Ein zweites Kruzifix findet sich im Schlafgemach. „Ich bin immer ein gläubiger Mensch geblieben, ich habe mich immer bekannt.“ Auch in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, als das gefährlich war.More Related News