Corona-Impfung: Zwischen Zweifelnden und extremen Rechten
Frankfurter Rundschau
Die Innenministerin Nancy Faeser erkennt, dass sich am Schnittpunkt zwischen Zweifelnden und der extremen Rechten ein demokratiegefährdendes Potenzial zu entwickeln droht.
Berlin - Olaf Scholz lebt in einem sehr schönen Land. In einem schöneren jedenfalls als seine SPD-Genossin und Innenministerin Nancy Faeser. Er, der Kanzler, sagt, die Gesellschaft sei in Sachen Corona-Impfungen nicht gespalten. Er verkündet das ausgerechnet in der Sonntagsversion des Pranger- und Spalterblatts „Bild“. Sie, Faeser, sieht es offenbar anders.
Die Radikalen, die mit Drohungen gegen Politikerinnen und Politiker auffallen, seien „nur sehr wenige“, meint Scholz. Gleichzeitig warnt die Ministerin in den Zeitungen der Funke-Gruppe: „Leider grenzen sich die bürgerlichen Demonstrationsteilnehmer noch immer zu wenig von diesen Leuten ab.“ Es sei wichtig, die Anstrengungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt deutlich zu verstärken, „damit wir die Spaltungsversuche der antidemokratischen Kräfte überwinden“.
Faeser erkennt, dass sich am Schnittpunkt zwischen Zweifelnden und der extremen Rechten ein demokratiegefährdendes Potenzial zu entwickeln droht. Scholz, der offenbar eine neue Version vom „Kanzler der Einheit“ werden möchte, sollte deshalb besser auf seine Kabinettskollegin hören. Dass die Innenministerin den Kanzler an Aufmerksamkeit für den Rechtsextremismus übertrifft, ist wahrlich ein Novum. Aber es sollte nicht dabei bleiben. (Stephan Hebel)