Alzheimer-Medikament bremst erstmals geistigen Abbau: „Hat noch kein Wirkstoff geschafft“
Frankfurter Rundschau
Es ist ein Durchbruch in der Alzheimer-Forschung: Eine Studie zeigt, dass ein neues Medikament das Tempo des geistigen Verfalls bei Betroffenen abbremsen kann.
Update vom Mittwoch, 30. November, 16.30 Uhr: Wie bereits Ende September (s. Erstmeldung) berichtet, kann ein neuartiges Alzheimer-Medikament den Abbau der kognitiven Fähigkeiten verlangsamen. Am Mittwoch (30. November) wurde die Studie nun im Fachmagazin New England Journal of Medicine veröffentlicht. Laut der veröffentlichten Untersuchung konnte das Medikament Lecanemab den geistigen Verfall im frühen Stadium von Alzheimer über einen Zeitraum von 18 Monaten um 27 Prozent verlangsamen. Untersucht wurden demnach 1795 Probandinnen und Probanden, von denen die Hälfte Placebos erhielt. „Die Ergebnisse stimmen vorsichtig optimistisch. Lecanemab greift in die Mechanismen der Alzheimer-Krankheit ein und reduziert nicht nur die schädlichen Amyloid-Ablagerungen, sondern verzögert auch den Krankheitsverlauf. Das ist das ausschlaggebende Kriterium für die Patientinnen und Patienten – und das hat bisher noch kein Wirkstoff geschafft“, erklärte Linda Thienpont, Leiterin Wissenschaft bei der Alzheimer Forschung Initiative.
Einschränkend erklärten die Forscherinnen und Forscher allerdings, dass weitere Studien auf diesem Feld nötig seien. Es seien beispielsweise schwere Nebenwirkungen, wie Hirnschwellungen und Hirnblutungen, möglich. Zudem wirke das Medikament nur, wenn es im frühen Stadium verabreicht wird – Alzheimererkrankungen werden aber oftmals recht spät erkannt. Erst vor wenigen Tagen erschien allerdings in Fachmagazin Science ein Beitrag über einen Todesfall im Kontext der Therapie. Insgesamt war das der Zweite.
Erstmeldung vom Donnerstag, 29. September, 11.00 Uhr: Cambridge – Alzheimer ist eine tückische Krankheit: Nach und nach bauen die geistigen Fähigkeiten von Betroffenen ab, heilbar ist die Krankheit nicht. Erst kürzlich haben Forschende festgestellt, dass Alzheimer eine oft unterschätzte Vorerkrankung ist, die einen schweren Corona-Verlauf verursachen kann. Nun macht eine neue Studie Hoffnung: Womöglich könnte ein bisher nicht zugelassenes Alzheimer-Medikament künftig zumindest das Tempo des geistigen Verfalls abbremsen.
Die Unternehmen Biogen und Eisai haben das Alzheimer-Präparat gemeinsam entwickelt und in einer Phase-3-Studie an Patient:innen getestet. Die Daten der Studie sind bislang nicht veröffentlicht, die Unternehmen haben bisher nur die Ergebnisse mitgeteilt. Demnach verlangsamte der Antikörper Lecanemab bei Betroffenen im frühen Alzheimer-Stadium den Abbau der geistigen Fähigkeiten um 27 Prozent.
Fachleute beurteilen die vorgestellten Ergebnisse positiv – schließlich konnte bisher kein Medikament eine solche Wirkung zeigen. „Wenn sich das bestätigt, wäre das eine gute Nachricht“, erklärt Linda Thienpont von der Alzheimer Forschung Initiative gegenüber der dpa. Frank Jessen vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen spricht gar von einem „Durchbruch in der Alzheimer-Forschung“.