„Panik und Chaos“ im Ukraine-Krieg: Elite-Scharfschützen machen Jagd auf Russlands Generäle
Frankfurter Rundschau
Sie sorgen für Verluste: Bei der Gegenoffensive setzt die Ukraine verstärkt auf Scharfschützen. Die Elitekämpfer haben es auf Top-Generäle abgesehen.
Bachmut – Die Gegenoffensive der Ukraine kommt voran – wenn auch langsam. Im Kampf gegen Russland setzen die Verteidiger dabei nicht nur auf schwere Kampfpanzer und Artillerie. Verstärkt soll vor allem auch der Einsatz von Scharfschützen forciert worden sein. Das berichtet das Wall Street Journal (WSJ). „Scharfschützen werden viel wichtiger, wenn sich die Frontlinien stabilisieren, wie es in den vergangenen Monaten der Fall war“, sagte Mark Cancian, Berater am Zentrum für strategische und internationale Studien, dem Blatt.
Im Ukraine-Krieg kommen die Scharfschützen an allen Frontlinien gegen Russland zum Einsatz. Teams von vier bis fünf Elitekämpfern werden den Kampfbrigaden zugeordnet. Für diese liegen sie stundenlang, manchmal tagelang unter freiem Himmel auf der Lauer. In erster Linie leisten sie vor allem durch ihre Nachtsichtgeräte Aufklärungsarbeit für die Ukraine. In zweiter Linie sollen sie in der russischen Armee Angst und Schrecken verbreiten und den Soldaten herbe Verluste zufügen. Mit ihren Präzisionswaffen, die zumeist aus westlichen Beständen stammen, können die Sniper gezielt auf einer Entfernung von 1,2 bis 1,5 Kilometern zuschlagen.
„Wir arbeiten im Stillen, wir sind unsichtbar“, beschrieb einer der Scharfschützen dem WSJ seine Aufgabe. Der konkrete Auftrag derzeit: die Top-Generäle gezielt ausschalten. Den Grund erklärt Militärhistoriker und Ex-Generalmajor Robert Scales: „Wenn die Truppen sich für einen Angriff organisieren und ihr Leutnant plötzlich fällt, gerät die Einheit in Unordnung.“ Dies könne die Einheit dann völlig durcheinander bringen – und sie würde für die Kampftruppen ein leichteres Ziel. Auch Wagner-Söldner gerieten schon unter Beschuss der Scharfschützen.
Dieses Vorgehen bestätigte unlängst auch eine ukrainische Scharfschützin, die unter dem Kampfnamen Jean d‘Arc bekannt wurde, dem ZDF: „Als Scharfschütze erschießt du immer zuerst die Offiziere. Dadurch werden die feindlichen Einheiten destabilisiert. Denn ohne Führung bricht Panik und Chaos aus“, erklärte sie.
Wie effektiv die ukrainischen Eliteeinheiten sind, lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Wie die Kyiv Post unlängst berichtete, soll eine Scharfschützen-Einheit in der Schlacht von Bachmut den russischen Truppen Verluste von 500 toten Soldaten zugefügt haben. Dabei bezog sich die Zeitung auf Recherchen an der Front. Einige Beobachter halten die Zahl aber auch für übertrieben. Doch klar ist, dass an der festgefahrenen Front etwas Bewegung entsteht.