Wie soll man täglich neue Schreckensmeldungen ertragen? Stressforscher erklärt, was jetzt wichtig ist
Frankfurter Rundschau
Corona, Klimakatastrophen, Krieg in Europa: Wer sich mit den Nachrichten befasst, bleibt verzweifelt zurück. Welche Taktik die psychische Gesundheit fördert, erläutern Experten.
Sie gehören zu denjenigen, die informiert sein möchten? Dann lesen Sie wahrscheinlich Zeitung, hören und schauen Nachrichten und/oder nutzen diverse Nachrichten-Apps am Smartphone. Die in der Regel meist negativen Neuigkeiten aus Deutschland und dem Ausland halten zwar auf dem Laufenden, doch viele Menschen stecken sie nicht ohne weiteres weg. Im schlimmsten Fall droht eine weit verbreitete psychische Krankheit: „Psychisch ist der permanente Konsum von schlechten Nachrichten sehr belastend. Er verursacht chronischen Stress. Gereiztheit, schlechter Schlaf bis hin zu Depressionen können die Folge sein“, zitiert die Apotheken Umschau die Neurowissenschaftlerin Maren Urner, Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln.
Die Stimmung leidet enorm, wenn man sich mit Kriegsverbrechen, dem Leben von Flutopfern oder den neuesten Corona-Mutanten befasst. Es gibt sogar Menschen, die vor diesem Hintergrund keinen anderen Weg mehr sehen, als vor all dem die Augen zu verschließen. Doch Nachrichten ganz aus dem eigenen Leben verbannen, ist nicht nur fast unmöglich, sondern für die meisten Menschen auch undenkbar. Wie kann die Balance aus Information und psychischer Gesundheit gelingen?
Wie unerschütterlich jemand ist, ist individuell sehr verschieden. Es gibt sie, diejenigen, die nichts aus der Ruhe bringen kann. Wer allerdings zu den eher sensiblen Menschen zählt, wird sich Ereignisse und auch Nachrichten eher zu Herzen nehmen. Um die psychische Gesundheit nicht zu gefährden, rät der Psychiater und Stressforscher Mazda Adli zur richtigen Dosis Nachrichten.
Wie der Deutschlandfunk informiert, gibt es Adli zufolge immer mehr Menschen, die in der Sprechstunde darüber klagen, dass sie dauerhaft mit negativen Nachrichten konfrontiert und deshalb permanent besorgt sind. Die vielen schlechten Nachrichten seien Grundlage einer Stimmung, auf der persönliche, individuelle Sorgen besonders gut gedeihen könnten, wird Adli als Chefarzt an der Fliedner Klinik in Berlin weiter zitiert. Er sieht vor allem die Masse an Echtzeit-Schlagzeilen als problematisch an, die uns in Form von Newstickern über die digitalen Medien erreichen. Für unproblematisch hält Adli dagegen aufbereitete Nachrichten, etwa der „Tagesschau“ oder in gedruckter Form. „Weil auch viele Nachrichten einen erst am nächsten Tag erreichen. In der Regel ist das ja immer noch rechtzeitig. All das hilft, ein bisschen Luft zu schaffen zwischen Ereignissen und den eigenen Gefühlen“, so der Psychiater.
Auch Neurowissenschaftlerin Maren Urner warnt vor einem Overkill an schlechten Nachrichten: „Viele haben in Zeiten von Smartphone und 24-Stunden-Erreichbarkeit im Minutentakt Nachrichten konsumiert, gelesen, gehört, geschaut“, sagte sie im Apotheken Umschau-Interview. In ihren Augen eine krank machende Mediennutzung: „Das Gehirn und der gesamte Körper geraten in einen dauerhaften Stresszustand“, so Urner. (jg)