Wie sich Konzerne und Startups näher kommen
DW
Etablierte Unternehmen greifen zunehmend auf die Ideen von Start-ups zurück, um die Digitalisierung und die Energiewende voranzutreiben. Doch für die Zusammenarbeit braucht es Lernbereitschaft auf beiden Seiten.
Christian, Florin, Mehdi und sechs weitere Kollegen arbeiten gerade 16 Stunden am Tag: Black Friday und Weihnachten bedeuten für den Logistikdienstleister Fiege Hochsaison. Morgens früh rollen die neun sogar ganz alleine durch das Schuhlager des Familienunternehmens in Ibbenbüren, scannen Aufträge, greifen sich Kartons aus den Regalen und laden sie an der Übergabestation für den Versand ab. Retouren bringen sie zurück an den Platz.
Trotz ihrer menschlichen Namen sind die fleißigen Wesen nicht aus Fleisch und Blut: Es sind Kommissionier-Roboter der Marke Toru. Geschaffen hat sie das Münchener Startup Magazino. Fiege, 1873 gegründet, rund 20.000 Mitarbeiter und 150 Standorte weltweit, wurde Pilotanwender.
Der Chef des traditionsreichen Familienunternehmens, Jens Fiege, traf vor sechs Jahren den Gründer Frederik Brantner bei einem Logistikkongress. Der eine suchte nach einer Lösung für die Herausforderungen des boomenden Online-Handels mit seinen extremen Schwankungen und hoher Produktvielfalt. Der andere brauchte einen Partner aus der Wirtschaft, um den Roboter in einem realen Umfeld bis zur Marktreife zu entwickeln.
Toru kann nur Schuhkartons, das ist aber ein sehr großer Arbeitsbereich bei Fiege. Aus ursprünglich drei Robotern wurden nach und nach neun, die nicht mehr in einem abgegrenzten Testbereich herumwuseln, sondern sich frei bewegen. Sie suchen sich die Wegstrecke selbst, arbeiten mit den menschlichen Kollegen zusammen und holen sich notfalls Hilfe bei ihnen. Sie lernen, sich nicht gegenseitig zu blockieren und keine großen Kisten auf kleine zu stapeln.
Fiege überlegt, sie auch an weiteren Standorten einzusetzen. Zudem hat der Logistikdienstleister Anteile an Magazino gekauft. "Uns war es wichtig, die Entwicklung nicht nur von der Seitenlinie aus zu beobachten, sondern selbst mit auf dem Spielfeld zu stehen", sagt Christoph Mangelmans, der bei Fiege die Geschäftseinheit Omnichannel Retail leitet.