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Weniger Tibet, mehr China
Frankfurter Rundschau
Die Kommunistische Partei entwickelt die Region wirtschaftlich und assimiliert es kulturell
Der Besuch war derart heikel, dass die Ankunft Xi Jinpings erst zwei Tage später von den Staatsmedien publiziert wurde. Am Freitag schließlich verbreitete die Nachrichtenagentur Xinhua Videos von Chinas Staatspräsidenten am Flughafen von Nyingchi: Xi wird dort von erratisch jubelnden Massen in traditionell tibetischer Volkstracht begrüßt. Die Szenen erinnern mit ihrem exzessiven Führerkult auf befremdliche Weise an nordkoreanische Propaganda. Doch historisch ist die Visite in der Unruheregion allemal: Seit 1990 ist schließlich kein chinesischer Staatschef mehr nach Tibet gereist. Auch Xi, der 1998 und zuletzt 2011 zu Besuch kam, tut dies nun erstmalig in seiner Funktion als Präsident. Der Zeitpunkt ist natürlich kein Zufall: Vor 70 Jahren nämlich hat die chinesische Volksbefreiungsarmee Tibet „friedlich befreit“, wie es in der offiziellen Geschichtsschreibung des Landes heißt. Damals unterschrieb der junge Dalai Lama das sogenannte 17-Punkte-Abkommen, in dem China die Souveränität der Region im Austausch für Autonomie zugesichert wurde. Doch genau wie der Übergabevertrag der einst britischen Kronkolonie Hongkongs hat Chinas Staatsführung auch das Autonomie-Versprechen an Tibet schon bald gebrochen.More Related News