Ukraine-Konflikt: FC Schalke 04 muss russischem Sponsor Gazprom kündigen
Frankfurter Rundschau
Schalke 04 muss sich von Gazprom lösen, selbst unter großen Schmerzen, aber es geht um Haltung, um Rückgrat, um Prinzipien, Anschauung und Werte. Ein Kommentar.
Gelsenkirchen - Was kostet Haltung, was Moral? Zehn Millionen, 100 Millionen Euro? Oder Menschenleben? Wie viele ist man bereit zu opfern, dafür dass der Ball rollt und der Betrieb ordnungsgemäß weitergeführt werden kann? Oder ein Finale in St. Petersburg, ein Turnier stattfindet?
Das sind Fragen, die sich dieser Tage, da Russlands Autokrat Wladimir Putin mit seinen Truppen den kleinen ukrainischen Nachbarn attackiert, all jene stellen, die Geschäfte mit dem russischen Staatskonzern Gazprom eingehen, deren millionenschweren Zahlungen Jahr für Jahr professionelles Sporttreiben garantieren. Gazprom, einer der größten Gaslieferanten der Welt, nimmt schon lange, viel zu lange, Einfluss auf das Sportgeschehen, nicht nur beim FC Schalke 04, der seit 2006 per annum einen Sockelbetrag von zwölf Millionen aus St. Petersburg erhält (zehn aktuell in der zweiten Liga), auch im europäischen Fußball, als Sponsor für die EM 2024.
Und Gazprom antichambriert, im Schalker Aufsichtsrat reist ein Ex-Stasimitarbeiter auf dem Gazprom-Ticket, im Uefa-Exekutivkomitee sitzt der Vorstandsvorsitzende von Gazprom Neft, die Verflechtungen sind innig und fruchtbar. Es lässt sich ja so leicht und ungezwungen bei einem Fußballspiel in der VIP-Lounge über Geschäfte reden.
Schalke, die Uefa - sie müssen sich von Gazprom lösen, selbst unter großen Schmerzen und auch, wenn es Genosse Putin wohl nicht am Einmarsch in ein souveränes Land hindert. Aber es geht um Haltung, um Rückgrat, um Prinzipien, Anschauung und Werte. Wem ist es im Land, wem auf Schalke noch zu vermitteln, wenn für einen rücksichtslosen Aggressor, einen Kriegstreiber ein freundliches Werbeumfeld bereitet wird? Das Logo im TV zur besten Sendezeit zu sehen ist? Schalke und all die anderen, die sich mit Gazprom einlassen, wissen längst, dass sie schmutziges Geld annehmen.
Die Gelsenkirchener sind seit mehr als 15 Jahren mit den Russen verbandelt. Schalke, das sich ja viel auf seine besonderen Wertekanon einbildet, hat sich ja mit der Affäre um Boss Clemens Tönnies schon einmal eine grandiose Peinlichkeit geleistet. Eine Fortführung der „Partnerschaft“ mit dem russischen Staatsunternehmen ist inakzeptabel. Und gänzlich ohne einen anderen, seriöseren Hauptsponsor würden die Knappen lange nicht bleiben, er würde möglicherweise weniger zahlen, aber moralische Fragen sollten nicht verhandelbar sein.