Spielfeld der Separatisten
Frankfurter Rundschau
Der moldawische Serienmeister Sheriff Tiraspol stammt aus der abtrünnigen Region Transnistrien und spielt erstmals Champions League - eine brisante, hochpolitische Angelegenheit.
Sheriff Tiraspol ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Fußballklub. Vor allem, weil er in der Liga des Feindes spielt. Sheriff hat in den vergangenen 20 Jahren 19-mal die Meisterschaft in der Republik Moldau gewonnen, dazu zehnmal den nationalen Pokal. Doch die Stadt Tiraspol liegt in der Region Transnistrien, die sich bereits 1990 von Moldau unabhängig erklärt hat. Transnistrien wird von keinem UN-Staat anerkannt, verfügt aber über Regierung, Währung und Militär. Ein kompliziertes autonomes Gebilde, das nun eine größere Öffentlichkeit erhält: Sheriff Tiraspol spielt erstmals in der Champions League und empfängt dort an diesem Mittwoch Schachtar Donezk aus der Ukraine. Der Konflikt auf dem moldawischen Territorium schwelt seit Generationen und eskalierte während der Perestroika. Die Mehrheit in der sowjetischen Teilrepublik Moldau wollte die russische Fremdherrschaft hinter sich lassen und orientierte sich am pro-europäischen Nachbarn im Westen, an Rumänien. Transnistrien, ein schmaler Landstreifen von 200 Kilometern Länge im moldawischen Osten, an der Grenze zur Ukraine, bekannte sich zur russischen Sprache und zur Politik in Moskau. Es kam zu Kampfhandlungen mit fast 600 Toten. Seit dem Waffenstillstand 1992 gilt der Konflikt zwischen Moldau und Transnistrien als „eingefroren“. „Durch den Fußball möchte Transnistrien zeigen, dass es Moldawien überlegen ist“, sagt Sascha Düerkop, ehemaliger Generalsekretär der Conifa, des Fußballverbandes für nicht anerkannte Staaten, Minderheiten und Regionen. „Der Aufstieg von Sheriff Tiraspol hat vor allem finanzielle Gründe.“ 1993 gründeten zwei ehemalige sowjetische Sicherheitskräfte in Anlehnung an ihren früheren Beruf das Unternehmen Sheriff. Schnell bauten sie Verbindungen zur Regierungspartei auf und vergrößerten ihren Einfluss. Supermärkte, Tankstellen, Mobilfunk oder Medienhäuser: Inzwischen soll Sheriff sechzig Prozent der transnistrischen Wirtschaft beeinflussen und durch seine Steuerabgaben die Hälfe des Staatsetats decken. Hartnäckig halten sich Vorwürfe, wonach Politiker wie der ehemalige transnistrische Präsident Igor Smirnow den Konzern für Korruption nutzen sollen.More Related News