"Putin ist eben nicht Hitler oder Stalin"
n-tv
Der russische Präsident wird mit Hitler, Stalin und anderen Diktatoren verglichen, die Rhetorik des Kremls wird radikaler und erinnert an die Sprache der Nazis. Aber wie sieht das ein Historiker? André Postert, Experte für die Geschichte des Nationalsozialismus, sagt, wer vom Vergleich in die Gleichsetzung übergeht, "betritt die Arena des politischen Kampfes". Und er weist darauf hin, dass gerade Putin ein gutes Beispiel dafür ist, dass der dauernde Blick in die Vergangenheit ein Problem sein kann.
ntv.de: Herr Postert, wie beurteilen Sie Vergleiche zwischen Putin und Diktatoren früherer Epochen?
André Postert: Als Historiker und als Deutscher bemühe ich mich bei Hitler- und Nazi-Vergleichen um Zurückhaltung. In diesem Krieg werfen beide Seiten einander vor, Nazi zu sein oder nationalsozialistische Politik zu betreiben. Wladimir Putin begründet seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg bekanntlich unter anderem mit einer "Entnazifizierung" der Ukraine. Wolodymyr Selenskyj wiederum wirft dem russischen Aggressor vor, wie einst Nazi-Deutschland zu handeln, und zieht dabei sogar Parallelen zum Holocaust, wofür er von der Gedenkstätte Yad Vashem jüngst scharf kritisiert wurde. Mir geht es bei diesem Hinweis nicht darum, wer mit seinen Argumenten im Recht ist, sondern eher welche Funktionen diese geschichtlichen Argumente erfüllen.
Können Sie das erläutern?