Odenwaldschule: Kein Mahnmal für Opfer von sexuellem Missbrauch beantragt
Frankfurter Rundschau
Das Gedenken an Opfer des sexuellen Missbrauchs an der Odenwaldschule im hessischen Heppenheim ist umstritten. Das Land stellt eine Förderung in Aussicht – doch der Opferverein und die Stadt Heppenheim sehen keinen Bedarf.
Heppenheim – Die Frankfurter Erziehungswissenschaftlerin Sabine Andresen mahnt Politik und Gesellschaft, die Opfer des sexuellen Missbrauchs an der Odenwaldschule bei ihren Debatten über ein angemessenes Gedenken nicht alleine zu lassen.
Die Frankfurter Rundschau hatte zuvor von Überlegungen berichtet, mit einem Mahnmal am Tatort im südhessischen Heppenheim an die Betroffenen der sexuellen Gewalt zu erinnern.
Ein Ort mit einem Mahnmal wäre „ein sichtbares Zeichen der Anerkennung, er kann Menschen zum Innehalten bewegen, zu Erkenntnis von Verantwortung führen und zur Kommunikation einladen“, sagte Andresen der FR am Mittwoch (05.01.2022). Sie hatte fünf Jahre lang die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland geleitet.
Wichtig sei der Entstehungsprozess, fügte die Professorin der Goethe-Universität hinzu, „und hier haben Politik und Gesellschaft die Verantwortung, die Gestaltung von Erinnerung und Gedenken gut zu rahmen“. Der Austausch mit Betroffenen sei dafür wesentlich, „auch über Kontroversen“.
An der Odenwaldschule im Heppenheimer Ortsteil Ober-Hambach waren über Jahrzehnte hinweg mehrere Hundert Kinder und Jugendliche Opfer von pädophilen Sexualtätern geworden, die dort als Lehrkräfte arbeiteten. Der langjährige Schulleiter Gerold Becker gilt als einer der Haupttäter. Nachdem eine öffentliche Debatte über die Missbrauchsfälle im Jahr 2010 begonnen hatte, musste die Internatsschule 2015 Insolvenz anmelden und schließen.