Novak Djokovic: Zwischen Schwurblern und Nationalisten
Frankfurter Rundschau
Novak Djokovics Nähe zu serbischen Nationalisten, Verschwörungstheoretikern und Pseudowissenschaftler ist längst bekannt. Die Umstände des Einreisedramas in Australien verwundern da nicht. Ein Kommentar.
Novak Djokovic als kontroverse Figur zu bezeichnen, klänge, als würde man die Wahrheit sanft ummanteln. Das Drama um die vorerst verhinderte Einreise in Australien, wo der Serbe sich bei den Australian Open zum erfolgreichsten Tennisspieler der Geschichte aufschwingen möchte, beleuchtet dabei nur einen Aspekt der Reizfigur Djokovic: jenen des Impfskeptikers, der einen Hang zu wissenschaftsfernen Quacksalbertheorien zeigt.
Die Bilanz des 34-Jährigen außerhalb des Tennisplatzes liest sich jedenfalls erschreckend. Beim Versuch, das große Ganze im Blick zu halten (Djokovic bezeichnet sich selbst als Holisten), scheint er sich in einer verqueren Welt der Verschwörungstheorien, des Geschichtsrevisionismus und des serbischen Nationalismus verloren zu haben.
So unterstützt er die Arbeiten und Ansichten von Pseudohistorikern, Ultranationalisten und Verschwörungstheoretikern wie Jovan Deretic – unter anderem jene, wonach die Serben „himmlische Menschen“ seien und zahlreiche antike europäische Kulturen von ihnen abstammten. Des Öfteren hat Djokovic sich mit nationalistischen Extremisten getroffen. Erst im September 2021 wieder reiste er nach Bosnien-Herzegowina und zeigte sich dabei mit Milan Jolovic, einem früheren Kommandanten der sogenannten Drina-Wölfe, einer berüchtigten paramilitärischen Einheit, die unter anderem am Völkermord an Bosnier:innen in Srebrenica beteiligt war. Ein Bild zeigt Djokovic und Jolovic gut gelaunt beim Kaffeetrinken.
Beim gleichen Besuch wurde der Tennisstar auch mit dem bosnisch-serbischen Politiker Milorad Dodik gesichtet, einem bekannten Völkermordleugner. 2020 hatte er von Dodik eine Auszeichnung der Regierung der Republika Srpska erhalten, zu deren früheren Preisträgern verurteilte Kriegsverbrecher wie Milosevic, Mladic oder Karadzic gehören.
Nachteile sind Djokovic aus seinen Verbindungen zu, sagen wir mal, umstrittenen Persönlichkeiten nie entstanden. Kein Sponsor, der sich zurückgezogen hätte, auch nicht, als Djokovic mit einer Spirituosenmarke posierte, die nach Draza Mihailovic benannt ist, einem Nazi-Kollaborateur im Zweiten Weltkrieg.