N-Wort, Witze, Hinweise: Die Tücken der TV-Archive
Frankfurter Rundschau
Alte „Otto“-Witze heizten zuletzt wieder eine Debatte an: Kann man das, was und wie früher in Filmen und Sendungen gesprochen wurde, heute 1:1 nochmal im TV zeigen? Eine dpa-Umfrage bei Medienhäusern.
Berlin - Ausgerechnet als es lustig werden sollte, wurde es ernst. 2021 zeigte der Westdeutsche Rundfunk (WDR) einen TV-Zusammenschnitt früherer Karnevalssendungen, der Rassismus-Kritik auslöste. Es waren Weiße auf einer Bühne zu sehen, die als Schwarze geschminkt waren - diskriminierendes „Blackfacing“ bezeichnet man das heute. Der ARD-Sender reagierte und überdeckte die Sequenz mit einer Hinweistafel.
Vor kurzem zog der öffentlich-rechtliche WDR wieder Kritik auf sich. Dieses Mal war es so rum: Der Sender blendete vor einer Otto-Show aus den 1970er Jahren einen Hinweis ein. „Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden.“ Der Sender zog Häme für die Praxis auf sich, die in der ARD auch bei „Schmidteinander“-Folgen und einigen „Tatort“-Krimis mit der Figur Horst Schimanski angewandt wurde.
Es ist Debattenstoff: Man las jede Menge Kommentare und Meinungen im Netz und in Medienberichten. Die „Süddeutsche Zeitung“ begann ihre Titelseiten-Glosse „Das Streiflicht“ so: „Achtung, nachfolgender Text könnte verstörend wirken und ist nichts für schwache Nerven.“ Die Tageszeitung „taz“ widmete der Debatte gleich eine Titelseite.
Die Verwendung von Sprache damals und heute wird in vielen Bereichen diskutiert - um nur das Gendern zu erwähnen. Gestritten wurden auch darüber, ob es okay ist, dass Neuauflagen von Pippi-Langstrumpf-Büchern verändert werden - Stichwort N-Wort. Mit dem Begriff „N-Wort“ wird heute eine früher gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben.
Vom Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) hieß es auf Anfrage wiederum, dass so manche frühere Werbung aus der Zeit gefallen wirke: „Kein Unternehmen täte sich einen Gefallen damit, sie erneut zu schalten“. Der vom ZAW getragene Werberat als Selbstkontrolle der Branche befasst sich zwar ausschließlich mit aktuell geschalteter Werbung. Sollte ein werbendes Unternehmen auf die Idee kommen, „eine historische Werbung, die heute als diskriminierend empfunden wird, aus dem Archiv zu holen und aktuell zu schalten, könnte der Werberat sofort ein Verfahren einleiten, das zum Stopp dieser Werbung führen würde“, hieß es weiter.