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Mega-Hotelprojekt auf Rügen: Eine Geschichte von Größenwahn
Frankfurter Rundschau
Auf Rügen soll ein gewaltiges Hotel entstehen. An den Plänen hält man hartnäckig fest – trotz vielseitiger Bedenken.
Dranske (Rügen) – Der Sturm tobt über die Ostsee und treibt tiefhängende dunkle Wolken vor sich her. Die mit weißen Schaumkränzen geschmückte See tost, mannshohe Wellen brechen und schlagen auf den Strand. Den wenigen Strandläufern peitscht der Regen ins Gesicht. Es ist, als hätten sich die Elemente an diesem Tag zusammengetan, um jenen Streit zu illustrieren, der auf Rügen herrscht.
Dabei geht es um eine neue Hotelanlage im Norden der Insel, aber auch darum, wie die Menschen hier künftig leben wollen: mit einem nachhaltigen, sanften Tourismus oder einem weiterhin ungebremsten Ausbau von Hotel- und Ferienhausanlagen. Ein grundlegender Konflikt also, in dem allerdings noch ein weiterer Aspekt eine Rolle spielt, der das Streitklima vergiftet – der Neid.
Wir sind in Dranske auf der Halbinsel Wittow, dem nördlichsten Teil Rügens. Eine schmale Betonstraße zwischen Bodden und Ostsee führt vom südlichen Ende des 1100-Seelen-Ortes zum Bug, einer bewaldeten Landzunge, die sich bis kurz vor Hiddensee im Meer erstreckt. Die Straße dorthin endet unvermittelt an einem Stahltor, denn seit gut 100 Jahren ist der Zutritt zum Bug versperrt. Erst die kaiserliche Armee, dann die Wehrmacht und anschließend die DDR-Volksmarine hatten die acht Kilometer lange und bis zu anderthalb Kilometer breite Landzunge zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Seit Anfang der 1990er Jahre jedoch ist das Militär verschwunden, die Natur hat sich den Bug zurückerobert, Bäume und Pflanzen sind zwischen Betonstraßen und den Fundamenten längst abgerissener Gebäude emporgewachsen.