!["Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine"](https://bilder3.n-tv.de/img/incoming/crop23124778/0791325143-cImg_16_9-w1200/274431826.jpg)
"Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine"
n-tv
An einem sonnigen Tag in Berlin kommt die Bundesversammlung zusammen. In gelöster Stimmung und mit großer Mehrheit bestätigt sie Bundespräsident Steinmeier. Der wird ungewohnt deutlich und sendet warnende Worte in Richtung Moskau.
Als der silberhaarige Mann mit der grauen Krawatte und dem anthrazitfarbenen Dreiteiler auf das Podium zuschreitet, deutet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zumindest nicht durch Äußerlichkeiten an, seiner zweiten Amtszeit mehr Farbe verleihen zu wollen. Doch dann hebt das frisch wiedergewählte Staatsoberhaupt die Stimme zu einer mit Verve vorgetragenen Rede an, die in Erinnerung bleiben wird. "Ich appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine", ist einer von mehreren Sätzen, die man weder in Deutschland noch im Kreml so von Steinmeier gewohnt ist.
Schließlich redet da nicht irgendein Bundespräsident: Der frühere Außenminister Steinmeier ist gerade vom repräsentativsten Gremium der Bundesrepublik wiedergewählt worden: von der den Bundestag und die 16 Länderparlamente vereinenden Bundesversammlung. Fast drei Viertel der mehr als 1400 Delegierten stimmten für eine zweite Amtszeit des 66-Jährigen. Die fünf größten der sieben Parteien im Bundestag - SPD, CDU, Grüne, FDP und CSU - hatten keinen überzeugenden Grund gefunden, Steinmeier die von ihm gewünschte Vertragsverlängerung zu verwehren.
Gestärkt von so breiter Unterstützung tritt ein sichtlich selbstbewusster Bundespräsident ans Mikrofon; ein Bundespräsident, der für sich beansprucht, hinzuhören und hinzusehen. Es ist dem Niedersachsen daher nicht entgangen, dass das mediale Echo auf seine absehbare Wiederwahl durchwachsen geblieben war. Etwas zu langweilig, zu gefällig, letztlich harmlos sei der Mann in Bellevue, konnte Steinmeier da hören und lesen. Er hat es sich zu Herzen genommen. Schon zu Beginn seiner Rede kommt Steinmeiers erster Tusch: "Überparteilich, ja - aber ich bin nicht neutral, wenn es um die Sache der Demokratie geht", sagt Steinmeier über sein Amtsverständnis. "Wer für die Demokratie streitet, hat mich an seiner Seite. Wer sie angreift, wird mich als Gegner haben."