In einer eigenen Liga
Frankfurter Rundschau
Freiwasser-Olympiasieger Florian Wellbrock hängt über zehn Kilometer alle Konkurrenten weit ab - er gilt als größter Stilist der Langstreckenschwimmer.
Als die deutsche Nationalhymne im Odaiba Marine Park erklang, verrichteten die sechs Männer, die die Flaggen der Medaillengewinner hissten, ihre Aufgabe mit einer bewundernswerten Präzision. Im Einklang und ohne sichtbare Hektik wurden das deutsche, das ungarische und das italienische Banner Stück für Stock hochgezogen. Es geschah nahe der Perfektion – und damit in gleicher Weise wie zuvor Florian Wellbrock durch das Wasser geglitten war. Die Flaggenhisser und der 23-jährige gebürtige Bremer hatten alles richtig gemacht. Es ist unklar, ob die sechs Männer später ein Lob oder eine andere Bestätigung einheimsten, der Deutsche hingegen wurde mit der Goldmedaille entlohnt. „Das fühlt sich noch ein bisschen unwirklich an“, sagte der für den SC Magdeburg startende Wellbrock später. Jetzt ein „Olympic Champion“ zu sein, fühle sich aber in jedem Fall „unglaublich gut“ an. Der 23-Jährige ist spätestens seit zwei Jahren, als er 2019 Doppel-Weltmeister über 1500 Meter im Becken und zehn Kilometer im Freiwasser wurde, die Lichtgestalt und gleichzeitig der Hoffnungsträger des Deutschen Schwimmverbandes. Er hatte vor ein paar Tagen mit der Bronzemedaille über 1500 Meter dem zuletzt bei Olympischen Spielen chronisch erfolglosen Verband Edelmetall beschert, das Minimalziel war damit erreicht. Die Vorgabe an sich selbst erfüllte er aber erst im knapp 30 Grad warmen Wasser in der Bucht von Tokio. „Wenn man als Weltmeister anreist, will man auch gewinnen“, gab er zu, als die Medaille um seinen Hals baumelte. Seit 1988 hatte kein deutscher Mann im Schwimmen triumphiert, seit dem Sieg von Uwe Daßler für die DDR über 400 Meter Freistil dauerte die Durststrecke für den deutschen Schwimmsport an, Wellbrock beendete sich nach 33 Jahren. Der Deutsche gehörte zum Favoritenkreis von fünf oder sechs Athleten, alles andere als eine Medaille wäre eine große Enttäuschung gewesen, Gold war realistisch – unerwartet war die Dominanz, mit der er durchs Wasser glitt. Wellbrock gilt als größter Stilist der Langstreckenschwimmer, im olympischen Rennen war er von Beginn an auch der Schnellste.More Related News