In den Armen der Geschichte
Frankfurter Rundschau
Eine neue Biographie dokumentiert Roger Federers Aufstieg zur Tennislegende.
Es ist nicht der schlechteste Zeitpunkt, um ein Buch über Roger Federer herauszubringen. Der Tennisspieler aus der Schweiz befindet sich in einem Zwischenzustand dieser Tage, noch nicht zurückgetreten zwar, aber auch nicht mehr wirklich drin in seiner langen, einzigartigen Karriere. Nach der dritten Knie-OP in den zurückliegenden anderthalb Jahren hat Federer kürzlich offenbart, dass er auch im nächsten Jahr lange brauchen wird, bis er noch einmal auf die Tennistour zurückkehrt. Er wird dann 41 Jahre alt sein.
Der Zeitpunkt für ein Buch über Federer ist gut, weil die Leute es mögen, wenn ein Rückblick im Wissen erfolgt, dass auch der Ausblick noch etwas anbietet (und wenn es nur der endgültige Abschied ist). Christopher Clarey, 30 Jahre als Sportreporter für die „New York Times“ tätig, wird mit der Biographie „Roger Federer: Der Maestro“ einen Nerv der vielen Fans und Bewunderer Roger Federers auf der ganzen Welt treffen. Wie hat es dieser Junge aus dem Basler Vorort Münchenstein geschafft, zu einem der besten und erfolgreichsten Tennisspieler der Geschichte zu werden, zu einer wahren Ikone und zu einem Liebling der Massen rund um den Globus? Was für einen Narren hat der Weltgeist an diesem Burschen gefressen? Die großen Fragen laufen ja immer mit bei solchen Karrieren, sie berühren auch die kleinen Begebenheiten.
Clareys enorm aufwändige Recherche profitiert nicht nur von, wie der Autor angibt, mehr als 20 exklusiven Interviews mit Federer im Laufe der Jahre, sondern auch von Gesprächen mit gefühlt jeder Person, die auch nur ansatzweise etwas mit Leben und Karriere des Superstars zu tun hatte. Herausgekommen ist, mit federnder Sprache, ein umfangreicher Bericht, der bis in die Kindheit Federers zurückgeht, die Anfangszeit bei TC Old Boys, die schwere und deshalb prägende Phase im nationalen Trainingscenter in Eclubens. Und früh in diesem Buch wird klar, dass auch der Zufall eine große Rolle gespielt hat in der Entwicklung von Roger, dem sprunghaften, sportbegeisterten Hitzkopf mit der schier unzähmbaren Energie, zu Roger Federer, dem Weltstar, 20-fachen Grand-Slam-Champion und Sinnbild athletischer Leichtigkeit und Eleganz.