Gletscher-Kollaps in der Antarktis: Die leise Katastrophe
Frankfurter Rundschau
Durch den Klimawandel droht dem Thwaites-Gletscher in der Antarktis der Kollaps – mit weitreichenden Folgen für die gesamte Welt.
Westantarktis – Ausgerechnet um die Weihnachtszeit versetzte eine Meldung die Fachwelt in Aufruhr. Einem der größten und wichtigsten Gletscher der Welt, dem nach einem US-Glaziologen benannten Thwaites-Gletscher in der Westantarktis, droht der Kollaps. Der Teil des Gletschers, der jetzt noch sein Abfließen bremst, wird nach neuesten Erkenntnissen schon in wenigen Jahren zusammenbrechen.
Ohne diesen „Bremsklotz“ rutschen die Eismassen noch schneller in den Ozean und lassen den globalen Meeresspiegel langfristig um 65 Zentimeter steigen. Und auch die benachbarten Gletscher werden instabil. Das gesamte Eis der Westantarktis verschwindet schrittweise, was die Pegel dann um über drei Meter steigen lassen wird.
Die Nachricht fand viel Aufmerksamkeit, alle Medien berichteten von den „dramatischen Veränderungen“ in der Antarktis und dem drohenden Untergang des Thwaites-Gletschers, der aufgrund seiner besonderen Bedeutung auch Doomsday Glacier genannt wird, „Weltuntergangsgletscher“. Doch kurz darauf war das Thema wieder aus den Schlagzeilen verschwunden – bis das nächste Mal alarmierende Forschungsergebnisse veröffentlicht werden über das schon lange nicht mehr „ewige Eis“ unseres Planeten.
Es ist nun einmal schwer, sich über einen längeren Zeitraum für etwas zu interessieren, das so weit weg passiert. Etwas, dessen Folgen, wie es scheint, erst in Jahrzehnten oder Jahrhunderten spürbar sein werden. Doch genau das ist ein Trugschluss. Der Anstieg des Meeresspiegels ist eine stille Katastrophe. Etwas völlig anderes als Sturzfluten, die ganze Dörfer verwüsten, oder Waldbrände, die riesige Flächen in Rauch aufgehen lassen.
Die Zerstörung durch die steigenden Pegel ist weniger spektakulär, eine schleichende Veränderung, die kaum und in vielen Regionen gar nicht wahrnehmbar ist. Aber sie vollzieht sich eben kontinuierlich, jeden Tag, und ist damit genauso gefährlich wie andere klimabedingte Katastrophen (siehe Klimawandel), die mehr Aufsehen erregen. Wahrscheinlich sogar noch gefährlicher.