Extrem unsouverän
Frankfurter Rundschau
Wie die Chefs des Fußball-Rekordmeisters auf die Bedürfnisse und Sorgen seiner Mitglieder reagiert, ist peinlich. Vor allem beim Thema Katar. Ein Kommentar.
Jahreshauptversammlungen beim FC Bayern haben ja häufig einen folkloristischen Charakter. Es wurde meist über irgendwelche Triple oder Viertel gejubelt, manchmal vergoss Uli Hoeneß bittere Tränen (bei seinem Abschied als Präsident) oder er schimpfte wie ein Rohrspatz, auf „die Scheißstimmung“ im damals noch neuen Stadion, für die doch die Fans zuständig seien. Nun, beim jüngsten Treffen der Mitglieder, war der wegen Steuerbetrugs vorbestrafte Alt-Präsident „schockiert“, er bellte hinterher, das sei „die schlimmste Veranstaltung“ gewesen, die er je beim FC Bayern erlebt habe. Tatsächlich war es ein denkwürdiges, unvergessliches Treffen.
Denn wann kommt es vor, dass sich die eigenen Leute von der FCB-Führungsetage radikal abwenden, „wir sind Bayern und ihr nicht“ rufen und den Chef vom Ganzen, Herbert Hainer, gnadenlos ausbuhen? Was mussten die Granden da erleben, kurz nach Mitternacht: Es war nicht mehr und nicht weniger als eine Revolte der Basis. Und die wütend formulierte Kritik zeigte zudem, wie groß der Graben ist beim FCB zwischen den Oberen und der Anhängerschaft, selbst wenn knapp 800 Mitglieder in der Basketballhalle sicher nicht repräsentativ sein können. Aber dieser Denkzettel kam an.
Es zeigt auch, dass das Katar-Engagement des FC Glorreich, das „uns gutes Geld“ bringt, wie Ex-Chef Karl-Heinz Rummenigge sagte, der Anhängerschaft kaum noch zu vermitteln ist. Es ist auch diese Doppelmoral, die den Mitgliedern wider den Strich geht – wenn Vorstand Oliver Kahn in seiner Rede einerseits vor Investoren warnt, die unbegrenzt Geld in den Fußball schießen, anderseits der Klub selbst seit 2018 Geschäfte mit den einschlägig in Misskredit gekommenen Katarern macht.