Die Mutmacherin
Frankfurter Rundschau
Yusra Mardini flüchtet mit 18 Jahren vor dem Bürgerkrieg in Syrien, schwimmt drei Stunden im Mittelmeer um ihr und das Leben anderer, findet ihre neue Heimat in Deutschland - die Geschichte einer Heldin, die jetzt auch noch das zweite Mal bei Olympia dabei ist.
Ihr Vater, das sollte man wissen, ist ein ausgezeichneter Schwimmer, schon als Jugendlicher war er das. Das kühle Nass zog ihn an, da wollte er rein, abtauchen, abschalten, genießen, die Ruhe als Rückzugsort. Wäre das Wasser eine Frau, hat er mal liebestoll erzählt, dann hätte er sie geheiratet. „Ich bin verliebt in das Wasser.“ Ihr Vater ist auch ein ausgezeichneter Schwimmlehrer. Einst trainierte er das Nationalteam in seiner Heimat Syrien. Vor allem ist ihr Vater aber ein ausgezeichneter Papa, manchmal streng, klar, so wie es Papas eben ab und an sind, vielleicht sein müssen, meist aber herzlich, lustig, nett. Ezzat Mardini, ihr Vater, hat das Leben von Yusra Mardini zweifelsohne geprägt. Mit drei Jahren schon nahm er seine kleine Yusra mit ins Schwimmbad, sie sollte kennenlernen, was er so liebt. Heute, zwanzig Jahre später, die kleine Yusra ist längst die große Frau Mardini, sagt sie: „Ich kann ohne den Sport, das Schwimmen nicht leben.“ Es habe zwar immer mal Höhen und Tiefen gegeben, auch kurze Auszeiten vom Schwimmen, aber immer tauchte sie irgendwann wieder auf. „Man lächelt, man weint, man hasst es, man liebt es – im Sport gibt es alle Emotionen.“ Über die 400 Meter Freistil ist sie Rekordhalterin ihrer ehemaligen Heimat. Yusra Mardini, 23, geboren und aufgewachsen in Damaskus, Syrien, als Jugendliche mit ihrer Schwester Sarah geflüchtet vor den Bomben, ohne Vater Ezzat und Mutter Mervat, erst über Land in die Türkei, dann übers Wasser, die Ägäis, nach Griechenland. Fast gestorben in den hohen Wellen, den eiskalten Fluten, am Ende zur Lebensretterin geworden. Weiter nach Nordmazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich, schließlich Deutschland, ins Flüchtlingsheim der Berliner Schmidt-Knobelsdorff-Kaserne. Stets mit dabei: Die Träume von einem anderen, besseren, vor allem sichereren Leben fernab von Bürgerkrieg, von Leid, Schmerz und Tod. Ihre Träume, sie sind in Erfüllung gegangen.More Related News