Der Moment des Tim Skarke
Frankfurter Rundschau
Darmstadt 98 dreht das Spiel gegen Heidenheim und feiert einen Helden, der nicht feiern will
Als der Ball dann ganz langsam über die Linie ins Netz des Gästetores getrudelt war, in der 83. Minute, standen sie plötzlich alle auf dem Feld. Die Darmstädter Trainer, die Betreuer, die Spieler sowieso, auch die noch nicht aufs Feld geschickten Auswechselleute des SV 98. Und wäre Klaus Gjasula, der gesperrte Anführer, nicht auf der Tribüne in einer Jubeltraube an Lilien-Fans untergegangen, auch er hätte wohl noch zur fliegenden Grätsche auf den Rasen angesetzt. Nur einer, der jubelte still in sich hinein - dazu später mehr.
Die Zweitligafußballer aus Darmstadt haben sich am Freitagabend in beeindruckender Art und Weise einen 3:2 (0:1)-Heimsieg gegen den 1. FC Heidenheim erkämpft und sich damit auch den Sprung an die Spitze der Tabelle verdient. Dabei, und das machte den Erfolg beeindruckend, sah es lange nicht danach aus.
Aber von vorne: Es war ja nicht so, dass sie bei den Südhessen nicht gewusst hätten, was da auf sie zukommen würde. Eine Gästemannschaft, die genau das macht, was sie kann, in der keiner ausschert und Mätzchen probiert, sondern alle gemeinsam ackern. Der 1. FC Heidenheim, der Prototyp einer Zweitligamannschaft, war über weite Strecken jener gefährliche Gegner, den auf Lilien-Seite wohl alle erwartet hatten.
Es entwickelte sich also ein Spiel, in dem die Gastgeber in der ersten Hälfte zwar spielerische Vorteile hatten, daraus für sie aber nichts Erquickliches entstand. Die Gäste ihrerseits verfolgten ihren klaren Plan, agierten kompakt und trafen eiskalt. Christian Kühlwetter erzielte mit der ersten Chance prompt den ersten Treffer (17.).
In der Folge fiel den Hausherren wenig ein, die 11 000 Fans quittierten manch leichten Fehlpass mit langzogenem Raunen – ebenso wie die größte Lilien-Chance vor der Pause: Da schaffte es Mathias Honsak tatsächlich, den Ball aus zwei Metern nicht ins Tor zu schießen (45.). Nach dem Seitenwechsel anfangs ein identisches Bild. Wieder war es Honsak, der völlig freistehend vor dem Heidenheimer Kasten die Nerven verlor (56.). Als kurz drauf der Heidenheimer Robert Leipertz auf 2:0 stellte (61.), schien die Partie entschieden. Sie schien, war es aber eben nicht.